Samstagmorgen in Allschwil. Martin Münch, Kandidat für den Baselbieter Landrat, klingelt an einer Haustüre. Eine ältere Frau öffnet, Martin Münch stellt sich vor: «Ich bin von der FDP Allschwil-Schönenbuch und möchte Ihnen gerne ein paar Fragen stellen.» Die Frau ist einverstanden. Martin Münch möchte von ihr wissen, welche Partei sie bei den letzten Wahlen gewählt habe und welche Partei sie im März zu wählen beabsichtige. Als die Frau sagt, dass sie beides nicht wisse, ist das Gespräch jedoch rasch beendet.
Eine App sagt, wo sich Klingeln lohnt
Door-to-Door-Wahlkampf nennen die Freisinnigen dieses Türklinkenputzen. Es gehe darum, mit möglichst vielen Leuten ins Gespräch zu kommen. An welchen Haustüren FDP-Politiker Münch klingelt, ist kein Zufall. Eine Smartphone-App sagt ihm, wo er seine Hausbesuche machen soll. Um zu wissen, wo ihre potenziellen Wähler wohnen, stützt sich die FDP auf öffentliche Daten. Das Politforschungsinstitut GfS hat für sie ausgerechnet, welche Strassen zu welchem politischen Milieu gehören. Die Freisinnigen sind - natürlich - in eher bürgerlichen Quartieren unterwegs.
Tür-zu-Tür-Wahlkämpfer brauchen Geduld
In anderthalb Stunden besucht Martin Münch rund 20 Häuser. Die Erfolgsquote ist bescheiden. In drei Haushalten heisst es, man wähle bereits FDP. Eine Frau zumindest überlegt sich, FDP zu wählen. Alle anderen wählen entweder gar nicht, sie wählen andere Parteien oder sind nicht zuhause. Bei seinen Hausbesuchen sammelt FDP-Politiker Münch viele Daten. Er hat einen Helfer dabei, der jedes Gespräch protokolliert.
Stellt sich die Frage: Ist das nicht heikel, wenn eine Partei Daten sammelt? Daniel Graf, Experte für politische Kampagnen, findet: «Der heikle Punkt ist: was passiert, wenn das Gespräch vorbei ist? Wird gespeichert, welche Partei ich wähle, welche Hobbys ich habe?» Um korrekt vorzugehen müsste die FDP bei den Hausbesuchen stets fragen, ob man die Daten speichern dürfe.
Daten gehen an Parteizentrale in Bern
Fragt sich: Hält sich die FDP daran? Selbstverständlich, versichert Matthias Leitner, der in der Schweizer Parteizentrale in Bern verantwortlich ist für den Wahlkampf. «Wir schulen unsere Mitglieder darin, dass sie ganz am Anfang des Gesprächs fragen, ob es in Ordnung ist, dass wir Notizen machen. Und da ist es jedem Gesprächspartner freigestellt zu sagen: Nein, das möchte ich nicht.»
Tatsächlich halten sich in Allschwil die Freisinnigen an diese Vorgabe. Aber: Die Leute, die von ihnen Besuch erhalten, erfahren nicht, was mit den Gesprächsnotizen passiert. Sie werden weitergeleitet an die Schweizer FDP-Zentrale in Bern. Wahlkampfleiter Matthias Leitner erklärt: «Diese Daten werden gespeichert und ausgewertet. Es kann sein, dass wir einzelne Leute nochmals kontaktieren. Nach den Wahlen werden wir die Rohdaten aber wieder löschen.» Dieses Vorgehen, darauf legt die FDP wert, sei unbedenklich - und mit dem Eidgenössischen Datenschützer abgesprochen.