- Als Hauptgrund geben Hintermann und Tondi eine Medienkampagne in Zusammenhang mit dem Asylwohnheim Reinach an.
- Zudem sei im aktuellen politischen Klima in der Gemeinde eine sachliche Auseinandersetzung mit den Ereignissen nicht möglich.
- Das Asylwohnheim Reinach steht seit Monaten in den Schlagzeilen, unter anderem wegen einem sexuellen Verhältnis einer Betreuerin mit einem minderjährigen Bewohner.
- Eine Mitarbeiterin, die Kritik an den Zuständen im Asylheim übte, wurde freigestellt. Die Gemeinde begründete die Kündigung mit einem «zerrütteten Vertrauensverhältnis».
- Zur Aufarbeitung der Geschichte laufen Untersuchungen bei der Geschäftsprüfungskommission des Einwohnerrats, der Staatsanwaltschaft und beim Gemeinderat selber.
Rücktrittsschreiben
Seit einem Jahr könne er seine Führungsaufgabe nicht mehr richtig wahrnehmen, da seine Zeit und Energie durch die Kampagne gegen den Gemeinderat gebunden werde, beklagt Gemeindepräsident Urs Hintermann. Nach der letzten Einwohnerratssitzung sei ihm klar geworden, dass eine sachliche Aufarbeitung des Konflikts nicht möglich sei. «Ich stelle heute fest: Ich habe mich getäuscht.»
Das Problem des Gemeinderats sei, dass er aus rechtlichen Gründen über gewisse Sachverhalte in der Verwaltung nicht informieren dürfe, insbesondere über Arbeitskonflikte. Das sei ihm als Versuch angelastet worden, die Zustände im Asylwohnheim vertuschen zu wollen. Einzelne Mitglieder des Einwohnerrats hätten dieses Prinzip nicht verstanden oder bewusst nicht verstehen wollen und hätten den Verweis darauf mit Hohn und Spott quittiert.
Der Gemeinderat sitzt in der Informationsfalle.
Silvio Tondi begründet seinen Rücktritt auch als Akt der Solidarität gegenüber Urs Hintermann. Wie dieser ist Tondi Mitglied der SP. In seinem Rücktrittsschreiben übt er auch Kritik an seiner Partei und spricht von «parteiinternen Verfehlungen», aufgrund derer er sein Amt nicht weiter ausüben könne, «als ob nichts geschehen wäre».
Die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist zerstört.
Der Gemeinderat Reinach nimmt von den beiden Rücktritten «mit Konsternation, aber auch Verständnis» Kenntnis. Es könne nicht sein, dass Leute vorverurteilt werden, während dem noch verschiedene Untersuchungen am Laufen seien - bei der Staatsanwaltschaft, der Geschäftsprüfungskommission und dem Gemeinderat selber. Das kritisiert Vize-Gemeindepräsidentin Béatrix von Sury d'Aspremont.
Der Gemeinderat will die Schritte für eine Neubesetzung der beiden Vakanzen zügig in die Wege leiten. Frühester möglicher Termin für die Ersatzwahl in den Gemeinderat wäre der eidgenössische Abstimmungstermin Ende November. In einem zweiten Schritt muss das Gemeindepräsidium besetzt werden. Bis dann übernimmt Vize-Präsidentin von Sury d'Aspremont das Amt. Ob sie sich um eine definitive Übernahme des Präsidiums bewerben werde, lässt sie zum jetzigen Zeitpunkt offen. Sie sei vorerst mit der zerfahrenen Situation in der Gemeinde gefordert.