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Auffälliger Gemeindepräsident «Der hat lange Haare und Tattoos – den wähle ich nicht»

«Es ist ein grosser Vorteil, dass er kein Einheimischer ist.» Mit diesen und anderen Sätzen wurde Brandon Miller als möglicher neuer Gemeindepräsident präsentiert, in der Solothurner Gemeinde Drei Höfe. Einer Gemeinde mit 750 Einwohnern, die an der Urne Ja gesagt haben zur Masseneinwanderungsinitiative.

Der Satz stammt nicht von einem Wahlkampfteam, sondern von der Homepage der Gemeinde, verfasst von der Verwaltung und dem gesamten Gemeinderat.

«Es gibt Clans und Alteingesessene hier. Und da ist es manchmal schwierig, alle aufs gleiche Level zu bringen, wenn man zu einem Clan gehört.»

Das sagt Thomas Fischer, Alt-Gemeindepräsident. Er hat mittlerweile aufgehört, und Brandon Miller wurde am 2. Juli gewählt: 276 von 351 Stimmbürgern haben ihm die Stimme gegeben.

Zuerst habe ich schon leer geschluckt beim Anblick. Aber das Aussehen ist nicht so massgebend.
Autor: Elisabeth Jost Seniorin aus der Gemeinde Drei Höfe

Dass Brandon Miller nicht aus der Region kommt war nur einer von mehreren Auffälligkeiten an seiner Kandidatur: Ausländischer Name, lange Haare, Tattoos. Miller spricht Basler Dialekt, sein Vater war Deutscher, der Grossvater Amerikaner. Nicht gerade der typische Gemeindepräsident für ein kleines Dorf im Mittelland.

Jeder kann mit seinem Kopf machen, was er will. Ich mach das mit meinem ja auch.
Autor: Fritz Steiner Senior aus der Gemeinde Drei Höfe

Hört man sich am Stammtisch der Dorf-Restaurants «Brunnen» um, so wird schnell klar, wie Miller das Volk überzeugt hat. Der 63-Jährige stellte sich verschiedenen Bevölkerungsschichten vor, in die Schule zu den Jüngsten und auf die Seniorenfahrt mit den Ältesten, die sich regelmässig im «Brunnen» treffen.

«Was ist denn das für einer?», fragte sich auch Elisabeth Jost, bevor sie Miller auf der Seniorenfahrt kennen lernte. Nach der Fahrt ging es ihr wie den meisten im Dorf. «Ich fand ihn sympathisch, und hab ihn gewählt», so Kurt Schnyder.

Das schadet gar nicht. Etwas Neues, ein bisschen Aufmischung tut gut.
Autor: Werner Späti Senior aus der Gemeinde Drei Höfe

Seit dem 1. August ist Brandon Miller nun im Amt, er gehört wie sein Vorgänger zur Freien Liste. Politisch ist er ein Greenhorn, war zuvor lediglich wenige Monate als Gemeinderat im Dorf tätig. «Ich habe immer klar gesagt: Ich habe von Politik keine Ahnung. Das, was ich brauche für die Politik, wird mir im Amt sicher weitergegeben. Im Vordergrund sehe ich Führungsaufgaben. Und das beherrsche ich.»

Wenn er die Sache recht macht, ist das in Ordnung.
Autor: Willi Steiner Senior aus der Gemeinde Drei Höfe

Miller ist gelernter Industrieschweisser, hat sich zwischenzeitlich weitergebildet und ist nun Sicherheitsprüfer von AKW-Komponenten. In die Gemeinde Drei Höfe kam er durch seine Lebenspartnerin, die hier aufgewachsen ist. In zwei Jahren wird Miller pensioniert, auch das sei ein Grund gewesen, in die Politik zu gehen. «Bald habe ich mehr Zeit und ich möchte der Gemeinde etwas zurück geben, in die ich mich vor kurzem verliebt habe.»

Sendebezug: 10vor10, 21:50 Uhr

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