Sie ist passé: die Zertifikats- und die Maskenpflicht in Restaurants oder Clubs. Das erste Mal seit zwei Jahren gelten in den meisten Kantonen kaum mehr Corona-Schutzmassnahmen. Der erste Tag der Lockerungen zeigt: Daran müssen sich alle erst einmal noch gewöhnen.
Anna Götenstedt vom Restaurant Harmonie in Basel kann es kaum fassen. Etliche Leute hätten bereits am frühen Morgen angerufen, um einen Tisch für die Fasnacht zu reservieren, erzählt sie. Sie ist froh, wieder alle Gäste empfangen zu dürfen, blickt den nächsten Wochen aber auch skeptisch entgegen. Sreten Bojanic, Inhaber des Restaurants Weinbar Sonne, kann an diesem Donnerstag nur strahlen: «Ich bin überglücklich, hat mein Restaurant die letzten beiden Pandemiejahre überlebt», sagt er.
Glückliche Restaurantbesitzerinnen in Basel
Dass die bevorstehende Basler Fasnacht nun ebenfalls praktisch ohne Einschränkungen stattfinden kann, freut in Basels Strassen. Der Basler Regierungsrat entschied nämlich in einer Sondersitzung, dass Restaurants und Cliquen auch während der Fasnacht vom 7. bis 9. März durchgehend offen haben dürfen. Und auch im Baselbiet soll die Fasnacht in einem normalen Rahmen über die Bühne gehen. Eine grosse Freude, für Martin Klaus, Präsident des Fasnachtskomitees Liestal: «Dass es wieder einen Umzug geben wird: unglaublich!»
Gute Geschäfte in der Ostschweiz
In einem Kleiderladen in St. Gallen freut sich eine Verkäuferin: «Man sieht die Gesichter endlich wieder. Alle sind am Strahlen.» In einem Restaurant in der Nähe haben die Mitarbeitenden am Morgen ein neues Teamfoto gemacht – das erste Mal ohne Maske.
Ich habe viele Reservationen für Hauptversammlungen von Vereinen.
«Es ist richtig schön», freut sich auch die Wirtin Ursula Inauen-Koch vom Restaurant Ilge in Teufen. Den ganzen Morgen klingelt bei ihr schon das Telefon. «Ich sollte bald eine Telefonistin einstellen. Ich habe viele Reservationen für Hauptversammlungen von Vereinen», sagt sie.
Disziplinierte Pendler in Bern
Im öffentlichen Verkehr in der Region Bern sah man am Öffnungstag noch viele Masken. Die Pendlerinnen und Pendler hielten sich weiterhin an die weiterhin geltende Maskentragflicht. Auf den Perrons, in Bahnhofshallen und - Unterführungen hingegen nahmen es die Passagiere etwas lockerer und trugen die Maske oft unter dem Kinn, erlebte eine SRF-Reporterin am Vormittag.
In den Cafés beim Bahnhof Bern trug das Personal weiterhin Masken, in vielen Geschäften der Berner Einkaufsmeile jedoch verzichtete das Verkaufspersonal darauf, berichtet die Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Auch die Abstandsmarkierungen sind in den meisten Geschäften verschwunden. Im Einkaufszentrum Shoppyland in Schönbül etwa trug weniger als jeder fünfte noch eine Maske – es waren primär die älteren Personen.
Luzerner Bäcker vermisst die Maske
Dass die Maske auch ihre Vorteile gehabt habe, verrät Alex Amrein, ein Bäcker aus Büron im Kanton Luzern. Das sogenannte Mehl-Asthma sei wahrscheinlich zurückgegangen, sagt er. «Bei uns in der Backstube hustete niemand mehr.» Ihm sei zum ersten Mal richtig bewusst geworden, wie viel Mehl und Staub man in seinem Beruf einatme. «Rund um die Nase haben sich am Stoff jeweils schwarze Ränder gebildet.» Trotzdem sei er froh, die Maske nun ablegen zu können: «Ich mag es, die Gesichter zu sehen.»
Auch die Schulen sind seit heute befreit von der Maskenpflicht. Ungewohnt sei dies, meint eine Lehrerin an der Kantsschule Sursee in Luzern. «Einzelne Schüler lerne ich heute zum ersten Mal ohne Maske kennen und sie sehen anders aus, als ich mir das vorgestellt habe.» Jünger wirkten sie. «Interessant, was der Kopf dazu dichtet, wenn man nur die Augen sieht.»
Einzelne Schüler lerne ich heute zum ersten Mal ohne Maske kennen und sie sehen anders aus, als ich mir das vorgestellt habe.
Einzelne Gesichter sind nach wie vor verdeckt auf den Gängen der Kantonsschule. Eine Schülerin etwa sagt, es sei ein komisches Gefühl, so ganz ohne Maske. Deshalb trägt sie diese nun unter dem Kinn. «Ich war unsicher, ob man sie ganz weglassen kann.» Tatsächlich sei es heute sogar schon vorgekommen, dass sie die Maske vermisst habe. «Es war einfacher, unentdeckt zu gähnen im Unterricht.»
Für den Sport sei es ein freudiger Tag, sagt Daniel Schacher, Geschäftsführer des Zürcher Turnverbands. Mehr als 55'000 Mitglieder zählt der Verband, zu dem etwa Sportarten wie Kunstturnen, Faustball oder Rennrad gehören. Und diese könnten nun alle wieder frei und ohne Maske trainieren. Trotz aller Freude über einen ersten grossen Schritt Richtung Normalität, stellt er aber auch klar, dass es weiterhin einer grossen Verantwortung und der Einhaltung der Hygienemassnahmen bedürfe.
Zürcher Gewerbe erleichtert
Ähnlich klingt es seitens des KMU- und Gewerbeverbands. Er sei extrem dankbar und fände das «ganz eine gute Sache», sagt dessen Präsident, Werner Scherrer. Zwar habe man sich mittlerweile beispielsweise an die Masken gewöhnt, trotzdem sei das für viele etwas Lästiges geblieben. Gerade im direkten Kontakt mit Kundinnen und Kunden sei die Maske ein Nachteil. Die Arbeitgeber können aber selbst entscheiden, ob man am Arbeitsplatz weiterhin eine Maske zu tragen hat.
Die «City Vereinigung Zürich», die über 1350 Mitglieder in der Innenstadt vertritt, plädiert jedoch, dass die Mitarbeitenden weiterhin eine Maske tragen. Deren Präsident, Milan Prenosil, argumentiert, dass man das Personal gerade jetzt vor Ort und nicht in Isolation brauche.
Bei den Zürcher Nachtclubs sei man erleichtert, gerade auch im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit der Betriebe, sagt Alexander Bücheli von der Zürcher Bar- und Clubkommission. «Wir sind zudem froh, wieder ausnahmslos alle Gäste begrüssen zu können.»