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Strassenschild
Legende: Nicht überall wird Lärmschutz derart ernst genommen wie in dieser Strasse in Hamburg. Keystone

Autoverkehr Lärmgeplagte Hausbesitzer wollen gegen Kantone klagen

Bei einer Informationsveranstaltung in Basel treffen sich Betroffene. Die Lärmliga will die Klagen bündeln und drei Musterprozesse bis vor das Bundesgericht ziehen.

In der Schweiz leben laut Bundesamt für Umwelt rund 1,6 Millionen Menschen an Strassen, die lauter sind, als es das Gesetz erlaubt. Dabei sind Kantone und Gemeinden verpflichtet, diese lärmigen Strassen zu sanieren. 30 Jahre hatten sie Zeit dafür, bis Ende März dieses Jahres. Doch die Frist ist an vielen Orten ungenutzt abgelaufen. Nun formieren sich lärmbetroffene Hauseigentümer, um auf Schadenersatz zu klagen.

Die Idee für diese Klagen stammt von der Lärmliga Schweiz. Sie hat am Montagabend in Basel zum Auftakt einer ganzen Reihe von Informationsveranstaltungen geladen. Die Liga möchte lärmgeplagte Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer dazu motivieren, gegen Kantone und Gemeinden zu klagen. Präsident Peter Ettler erklärt: Die Idee sei, dass sich Betroffene zusammenschliessen, um ihr Anliegen gemeinsam vor Gericht zu bringen. «Wir brauchen 300 Klagewillige. Wenn wir diese gefunden haben, führen wir drei Musterprozesse bis vor Bundesgericht. Und dann wissen wir, ob wir Erfolg haben oder nicht.»

Man setzt in der Schweiz beim Lärmschutz geltendes Recht nicht um.
Autor: Peter Ettler Präsident Lärmliga Schweiz

Mit den Klagen wolle man erreichen, dass Hauseigentümer eine finanzielle Entschädigung erhalten, wenn bei ihren Liegenschaften die Lärmgrenzwerte überschritten werden. Der Lärmliga-Präsident wirft den Kantonen und Gemeinden vor, dass sie beim Lärmschutz ihre Hausaufgaben nicht gemacht hätten. «Man hat 30 Jahre lang viel zu wenig getan und das Problem nicht ernst genommen. Mit anderen Worten: Man hat geltendes Recht nicht umgesetzt, was der Schweizer Politik ein miserables Zeugnis ausstellt.»

Viele Ausnahmen

Die Lärmliga stört vor allem, dass viele Strassen in der Schweiz offiziell als lärmsaniert gelten, aber immer noch zu laut sind. Die Kantone dürfen sich selber nämlich Ausnahmebewilligungen erteilen. Das heisst, man verzichtet auf einzelne Lärmschutzmassnahmen wie Temporeduktionen oder Lärmschutzwände.

Auch im Kanton Baselland werden solche Ausnahmebewilligungen fast schon routinemässig ausgesprochen. Andreas Stöcklin, Leiter der Abteilung Lärmschutz beim Kanton Baselland, wehrt sich aber gegen den Eindruck, man unternehme zu wenig gegen den Lärm. Baselland verlege beispielsweise viele Flüsterbeläge. «Das reicht aber halt nicht überall, um die Lärmgrenzwerte zu erreichen. Das gilt beispielsweise für die Kernzonen in den Gemeinden. Und dann müssen wir eben Ausnahmen gewähren.» Nach Abschluss aller Lärmsanierungen leben im Baselbiet immer noch 22'000 Menschen an Orten, wo die Grenzwerte nicht eingehalten werden.

Gelassener Kanton Baselland

Einige der lärmgeplagten Hausbesitzer aus dem Baselbiet finden sich zur Informationsveranstaltung in Basel ein und erklären hinterher, sie seien bereit, gegen den Kanton zu klagen. Peter Ettler von der Lärmliga spricht von einer 50-prozentigen Erfolgschance. «Da es keinen Präzedenzfall gibt, ist der Ausgang völlig offen.» Beim Kanton Baselland sieht man möglichen Prozessen gelassen entgegen. «Wir rechnen nicht mit einer Klagewelle», sagt Andreas Stöcklin von der Abteilung Lärmschutz.

(Regionaljournal, 17.30 Uhr)

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