Drei mal wird jedes Schulkind während seiner Ausbildung von einem Mitarbeitenden des Basler Gesundheitsdienstes untersucht: im Kindergarten, in der Primarschule und in der Oberstufe. Diese Untersuchungen seien ein alter Zopf, den man dringend abschneiden müsste, findet die Kinderärztin Marianne Steinemann. «Die meisten Kinder haben bereits einen Kinderarzt. Die Untersuchungen der Schulärzte sind eine unnötige und kostentreibende Doppelspurigkeit.»
Doppelt geimpft, falsche Diagnosen
Marie-Anne Steinemann ist Co-Präsidentin der Gesellschaft für Kinder-und Jugendmedizin Region Basel. Sie sagt: Kinderärzte müssten regelmässig bereits vom schulärztlichen Dienst untersuchte Kinder nachuntersuchen. Und stellten häufig fest, dass den Kindern, entgegen schulärztlicher Abklärungen, nichts fehlt. Auch würden Kinder doppelt geimpft.
Oft stelle der schulärzttliche Dienst etwa Probleme mit den Ohren der Kinder fest. «Dann erhalten wir Telefonanrufe von Eltern, die ihre Kinder notfallmässig vorbeibringen wollen. Meist aber finden wir dann heraus, dass die Kinder bestens hören», erzählt Marianne Steinemann. Der Hör-Test hänge schlicht sehr stark von der Konzentration des Kindes ab. Er müsse deshalb unter den richtigen Bedingungen gemacht werden.
Da praktisch alle Kinder heute einen Kinderarzt hätten, bräuchte es diese flächendeckenden Untersuchungen des schulärztlichen Dienstes nicht, finden die Mitglieder der Gesellschaft für Kinder-und Jugendmedizin. Die Gesellschaft hat daher das Gespräch mit den führenden Personen des Basler Gesundheitsdepartements gesucht.
Kanton verteidigt Regeluntersuchungen
Philipp Waibel, der Leiter des schulärztlichen Dienstes, kann mit der Kritik der Kinderärzte jedoch nichts anfangen. «Es ist ein Richtungsstreit. Ich akzeptiere die Ansicht von Frau Steinemann. Aber ich erwarte auch einen gewissen Respekt vor den Leistungen meines Teams», so Waibel. Sein Team arbeite gut. Perfekt sei ein System nie. Die Kinderärzte jedoch strebten einen Systemwechsel an. Er aber sehe nicht ein, warum ein so gut funktionierendes System verändert werden solle.
Ausserdem brauche es die Doppelspurigkeit. Denn, so Philipp Waibel, die flächendeckenden Untersuchungen des schulärztlichen Dienstes hätten auch noch den tieferen Sinn eines Monitorings. Die vielen generierten Daten ermöglichten Aussagen über den Gesundheitszustand der Basler Kinder und Jugendlichen. Diese seien wichtig für Gesundheitsprojekte des Kantons.
Der schulärtzliche Dienst hat letztes Jahr über 4000 Untersuchungen gemacht. Auch andere grosse Städte wie Zürich oder St. Gallen unterhalten einen solchen Dienst. Baselland hat die Reihenuntersuchungen abgeschafft.