Die Debatte im Grossen Rat verlief überraschend eng. Schlussendlich kam es zum Stichentscheid durch den Ratspräsidenten Conradin Cramer. Er entschied, den Vorstoss nicht an die Regierung zu überweisen. Dennoch bleibt das Thema aktuell. An den Basler Schulen gibt es immer mehr Kinder mit unterschiedlichen Muttersprachen. Wie erleben die Kinder selbst das Sprach-Gemisch? In der Primarklasse 4a im Gellertschulhaus sind 14 der 18 Primarschulkinder ausländischer Herkunft. Sie sprechen zum Beispiel italienisch, türkisch, spanisch oder serbisch.
Geheimnisse in der Muttersprache
Er spreche meistens deutsch mit seinen Schulkameraden, beschreibt der 10-jährige Berfan. Nur ab und zu wechsle er in die türkische Muttersprache und zwar meist dann, wenn es um Privates gehe. Und auch seine Kollegin Eileen sagt: «Wenn ich ein Geheimnis erzähle, dann spreche ich türkisch. Aber sonst rede ich deutsch.»
Sprachenmix als Bereicherung
Die meisten Kinder finden es toll, mehrere Sprachen um sich zu haben. So auch Arbenita, die Daheim vor allem Albanisch redet. Jedoch habe sie es schon schwer gehabt, Deutsch zu lernen: «Es hat lange gedauert.» Dies stört die anderen Schulkinder aber nicht. Dimitri spricht nur Schweizerdeutsch und nimmt jene Kinder, die noch nicht so gut Deutsch können in Schutz: «Jeder Mensch hat etwas, das er noch nicht so gut kann.»
Keine Auswirkung auf deutschsprachige Kinder
Alexander Grob, Professor für Entwicklungspsychologie der Universität Basel sagt, dass es Forschungsresultate gebe, die zeigen, dass je grösser der Anteil von fremdsprachigen Kindern im Kindergarten ist, die Sprachkompetenz dieser Kindern im Deutsch umso schlechter ist. Die deutschsprachigen Kinder hätten jedoch keinen Nachteil durch einen hohen Anteil an fremdsprachigen Klassenkameraden.
Dennoch aber sei es nicht sinnvoll, Kinder aus bestehenden Strukturen herauszureissen. «Das wäre sehr wahrscheinlich kontraproduktiv.» Man müsse sich überlegen, wie Kinder in diesem Alter ihre Freunde auswählen. «Das ist nicht eine aktive Wahl, sondern basiert auf Opportunitätsstrukturen», so Grob. Das heisse, dass ein Kind, das in einem Quartier lebt und in einem anderen Quartier zur Schule muss, entwurzelt werde.
Bessere Lernvoraussetzungen?
Auch das Argument, dass Kinder eine bessere Lernvoraussetzungen hätten durch einen höheren Deutsch-Anteil in der Klasse, überzeugt Alexander Grob nicht. Die Sprache sei zwar klar der Schlüssel zum Lernen, so Grob. Aber eine Quote von 30 Prozent sei eine Illusion. Es bräuchte eine Quote von 60 Prozent, damit das Lernumfeld wirklich markant besser wäre. «Dann hätten alle einen Vorteil», sagt Grob.
Frühförderung und gelebte Durchmischung
Dennoch will Alexander Grob den Vorstoss nicht ganz abtun. «Wir diskutieren über eine politische Realität und ein gesellschaftliches Problem.» Aber man dürfe nicht auf dem Rücken der Kinder eine Diskussion führen, die die Gleichstellungschancen von Kindern mit Migrationshintergrund gar nicht verbessere.
Wenn man den Kindern ermöglichen wolle, möglichst gut Deutsch zu lernen, dann müsse man früher ansetzen und zwar vor dem Kindergarten. Und da sei Basel-Stadt mit der Frühförderung bereits sehr gut aufgestellt. Zudem könne eine Sprachförderung nicht nur in der Schule geleistet werden, sondern auch durch eine gelebte Durchmischung in Quartieren.