Aus der Flüssigkeit angeritzter Schlafmohnkapseln wird es gewonnen: das Opium. Aus seinen Bestandteilen lassen sich für die heutige Medizin unersetzliche Medikamente wie Morphium (Morfin) oder Hustensirup (Codein) herstellen. Aber auch Heroin wird aus Schlafmohn hergestellt.
Rohopium hält sich über Jahrhunderte
Getrocknet verwandelt sich der Schlafmohnsaft in eine braune bis schwarze Masse: das Rohopium, auch Opiumbrot genannt. Mit einem solchen braunen Klotz startet die aktuelle Ausstellung «Opium» im Basler Museum der Kulturen. Das ausgestellte Opiumbrot wurde 1973 aus der Türkei an die Basler Chemiefirma Sandoz geliefert, zu wissenschaftlichen Zwecken. Obwohl schon über 40 Jahre alt, könnte man das Opiumbrot heute noch gebrauchen, erklärt die Kuratorin der Ausstellung, Doris Buddenberg: «Rohopium hält sich über Jahrzehnte, ja Jahrhunderte.
Die Ausstellung in Basel zeigt, wie Opium hergestellt und konsumiert wurde und wird. In der luftigen und grosszügigen Ausstellung in den weiten, weissen Räumen des Museums begleitet der Besucher oder die Besucherin das Opium auf seiner Reise durch Jahrhunderte und Kontinente als legale und illegale Droge – als Medikament, Rauschmittel und Aphrodisiakum.
Den Opiumrausch nachfühlen
Doch wie vermittelt man die Faszination, die Opium seit Jahrtausenden auf den Menschen ausübt, die positiven und negativen Sinneseindrücke, an den Museumsbesucher? Doris Buddenberg ist Kuratorin der Ausstellung. Als Ethnologin und Expertin für das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) beschäftigt sie sich seit Jahren mit Opium. «Opium schafft nichts Neues», sagt sie. «Opium verstärkt, intensiviert Sinneseindrücke wie Hören, Farbwahrnehmung sowie Zeit und Gedächtnis. Und auf genau diese Aspekte sind wir in der Ausstellung eingegangen.»
Opium kommt aus der Schweiz
Schlafmohn wurde wohl bereits 6000 v. Chr. in Italien und Spanien angebaut. Erste Belege für den Anbau finden sich aber erst 3000 Jahre später: Bei den Pfahlbauern auf der Schweizer Seite des Bodensees. Ob diese Pflanzen bereits psychoaktive Substanzen enthielten, ist noch ungeklärt. Vom Bodensee aus verbreitete sich die Pflanze weltweit.
Konkret hat das Museum mitten im Raum eine kugelartige Hütte aus plexigläsernen Platten aufgestellt – die Abstraktion einer Opiumhöhle. Beim Betreten verändert sich die Akustik markant. «Beim Konsum von Opium wird das Gehör sehr sensibel. Weshalb auch Opiomanen, also Opiumnutzer, keine Musik hören», erklärt die Kuratorin. «Die ist zu laut. Was man aber hört, sind Geräusche: Das Schlurfen über den Teppich eines Menschen im Zimmer nebenan beispielsweise.»
Musik wird im Rausch unerträglich
Während Opium für musikalische Menschen also eher eine Tortur und wenig attraktiv ist, scheint die Droge Literaten zu beflügeln: Jean Cocteau, Colette, Novalis, Annette von Droste-Hülshoff – das sind nur einige Namen von Berühmtheiten, die in Gedichten dem Stoff huldigten und ihre Opium-Räusche in farbigen Versen beschrieben haben. Oder, wie Charles Baudelaire es auf den Punkt gebracht hat: «Nur die Poesie kann den Menschen eine gewisse Macht geben über die traumbezogenen Stoffe, die das Opium entfesselt.»
So faszinierend der Opiumrausch, so ernüchternd das Elend, das der Fotograf Alessandro Scotti in Gefängnissen, auf Drogenhandelswegen und in illegalen Drogenanbaugebieten aufgenommen hat. Es sind eindrückliche, preisgekrönte Schwarz-Weiss-Aufnahmen, wie zum Beispiel von einer älteren Frau, die ihre Burka anhebt, um billiges Heroin zu rauchen: In ärmlichen Gegenden ohne medizinische Versorgung ist dies oft das einzige Schmerzmittel.
«Opium» ist eine reiche, informative Ausstellung, mit einem ebenso lohnenswerten Katalog, der eine Fülle an hochinteressantem Hintergrundwissen liefert.
(Regionaljournal Basel, 17:30 Uhr)