Fast auf den Tag genau 60 Jahre ist es her, dass der damalige Bundespräsident Rodolphe Rubattel in Lausanne die Fussball-Weltmeisterschaft 1954 eröffnete. Als Spielort war auch Basel vorgesehen. Doch dazu musste in Basel neu ein WM-taugliches Stadion gebaut werden. Ein Vorhaben, das auf Gegenwehr stiess.
Stadionbau dank Ernst B. Thommen
Der Grosse Rat bewilligte zwar den Bau, aber egen den Parlamentsbeschluss wurde das Referendum ergriffen. Das Stadion kam vors Volk und scheiterte an der Urne, wenn auch nur knapp. Der damalige FC Basel-Stammspieler Kurt Thalmann, heute 82-jährig, erinnert sich: «Das Stadion wurde abgelehnt, mit 1000 Stimmen Unterschied.»
Doch mit dem Nein der Stimmbürger (Das Frauenstimmrecht gab es 1954 noch nicht) zum Kredit für den Stadionbau wollte sich der damalige Direktor der Sport-Toto-Gesellschaft, Ernst B. Thommen, nicht zufrieden geben. Thommen entwickelte eine neue Idee: Eine Genossenschaft sollte das Stadion bauen. Und so scharte Thommen laut Thalmann Kollegen und Geschäftsleute um sich, «die das alles parat machten.»
Thommens Lösung: Genossenschaft als Bauherr
Diese Strategie brachte Erfolg. In nur einem Jahr wurde für zwei Millionen Franken das St. Jakob-Stadion gebaut, noch rechtzeitig für die Fussball-Weltmeisterschaft 1954. «Das war ein tolles Stadion», sagt Thalmann. Er schätzt die zupackende Art Ernst B. Thommens auch noch rund 60 Jahre danach. «Er war ein Mensch fürs Volk», sagt Kurt Thalmann über ihn. «Einer, der sich überall einsetzte. Wir vergessen nie, wie er den Bau des Stadions zustande brachte.»
Fussball ohne Chaoten - und ohne Luxus
Aus heutiger Sicht wirkt das damalige WM-Stadion bescheiden. So war rund um das Spielfeld ein Holzzaun, überdacht war nur die Tribühne und auch bequeme Logen wie heute gab es damals nicht. Und noch etwas anderes kannte man zu jener Zeit nicht, sagt Thalmann: «Chaoten gab es keine.»
Thalmann erinnert sich an heisse Matches, auch wörtlich: «Wir hatten langärmlige Leibchen beim FC Basel. Diese krempelten wir hoch. Die Nationalmannschaft hatte zwar kurzärmlige Leibchen, allerdings keine so luxuriösen wie heute».
Heiss ging es auch im WM-Spiel Schweiz-Österreich zu, erinnert sich Thalmann. Das Match fand in Lausanne statt und ein Spieler bekam einen Hitzeschlag. «Das war Verteidiger Bocquet. Aber weil man nicht auswechseln durfte, musste die Schweiz mit 10 Spielern weiterspielen.» Die Schweiz verlor 5 zu 7.
Thalmann erinnert sich auch an andere Spiele, als hätten sie erst kürzlich stattgefunden. Zum Beispiel das Spiel Deutschland gegen Ungarn, zu welchem die Deutschen mit einer B-Mannschaft antraten und 3 zu 8 verloren: «Das war wie ein Trainingsspiel für die Ungarn.»
Aus Schweizer und Basler Sicht unvergesslich war die Partie Schweiz - Italien. Im Gruppenspiel gewann die Schweiz überraschend 2 zu 1. Im Joggeli kam es danach wegen Punktegleichheit zum Entscheidungsspiel. Der Basler Seppe Hügi traf zwei Mal und die Schweiz gewann 4 zu 1 gegen Italien und qualifizierte sich für das Virtelfinal. «Unser Seppe spielte und da war etwas los im Stadion! Dieses 4 zu 1 vergesse ich nie mehr», sagt Thalmann.
Erstmals live am TV
Neu bei der WM vor 60 Jahren war auch, dass die Fussballspiele erstmals live im Fernsehen übertragen wurden. Noch nicht in Farbe, aber in schwarz-weiss. Thalmann: «Wir waren alle begeistert! Schwarz-weiss war auch gut.»
(kenc/racc; Regionaljournal Basel, 17:30 Uhr)