Die Rechtsprechung müsse sich entwickeln können, ist Marie-Louise Stamm überzeugt. Dafür müsse man den Gerichten Zeit geben, um neue Gesetze anzuwenden. Leider fehle aber diese Geduld, sagt die 68-jährige Richterin. Der Gesetzgeber reagiere häufig nervös. Sie beurteilt die Sitation als «beunruhigend».
Sie bedauert, dass nach Aufsehen erregenden Fällen der Ruf laut werde, ganze Gesetze sofort nachzubessern. Dabei reiche es aus, den Ermessensspielraum der Gerichte besser auszunutzen. Konkret meint Stamm aktuelle Diskussionen über die Regelung von Hafturlauben. Es brauche keine Gesetzesanpassung um solche Urlaube zu verbieten, es reiche aus, dass die Gerichte die Urlaube weniger grosszügig bewilligten.
Grösster Fall: Guido A. Zäch
Der bekannteste Strafgerichtsfall, den Marie-Louise Stamm als Präsidentin führte, war der Fall Guido A. Zäch, der wegen Veruntreuung von Stiftungsgeldern vor Gericht stand. Während dieser Verhandlung habe sie sich von der Öffentlichkeit abgeschottet und habe keine Zeitungen gelesen, sagt die Richterin. Der Druck sei gross gewesen, sie habe auch viele Zuschriften erhalten. Der Fall endete mit einer Verurteilung von Guido A. Zäch, die auch vom Bundesgericht gestützt wurde. Marie-Louise Stamm: «Gut gibt es die Kontrolle durch das Bundesgericht. Es ist dann aber beruhigend, wenn man von den Lausanner Richtern Recht bekommt.»
(Regionaljournal Basel, 17.30 Uhr)