Vergangene Woche veröffentlichte die Landeskanzlei ein Gutachten zur Baselbieter Honorar-Affäre. Ein Gutachten, das die Regierung in Auftrag gegeben hatte.
Einzelne Mitglieder der Finanzkommission des Baselbieter Landrats staunten jedoch nicht schlecht, als sie erfuhren, welche Schlüsse die Regierung aus diesem Gutachten gezogen hat. Nämlich: Dass FDP-Regierungsrätin Sabine Pegoraro und Alt-Regierungsrat Jörg Krähenbühl (SVP) gar keine Sitzungsgelder an den Kanton zurückzahlen müssen. Und die Mitglieder der Finanzkommission staunten auch über den Zeitpunkt, an dem das Gutachten veröffentlicht wurde: einen Tag vor der Nomination der FDP-Regierungsratskandidaten.
GLP-Landrat Gerhard Schafroth, Mitglied der Finanzkommission, vermutet: «Dass Sabine Pegoraro unmittelbar vor den bürgerlichen Nominierungsparteitagen einen Persilschein erhält von der Landeskanzlei, hinter welcher mehrheitlich bürgerliche Regierungsräte stehen, das wirft ein schlechtes Licht auf die Regierung. Weil damit der Eindruck entsteht, dass hier gemauschelt wurde.»
Arbeitsgruppe hat ganz anders gerechnet
Ein happiger Vorwurf. Sicher ist: Die Regierung liess eine Arbeitsgruppe der Landeskanzlei ausrechnen, wie viel Geld die von der Honorar-Affäre betroffenen Regierungsräte und Chefbeamte zurückzahlen müssen. Und: Diese Arbeitsgruppe rechnete plötzlich völlig anders als noch die Finanzkontrolle und die Finanzkommission, die durch den Bericht ihrer Spezialkommission im vergangenen Dezember die Honorar-Affäre erst ins Rollen gebracht hatten.
Präsident dieser Spezialkommission ist der grüne Landrat Klaus Kirchmayr. Er sagt: «Wie die Regierung jetzt gerechnet hat und wie sie auf das Resultat kam, dass sie gewisse Regierungsräte nicht in die weiteren Schritte einbezieht, entzieht sich unserer Kenntnis. Wir müssen dies nochmals genau ansehen.»
300 Franken pro Sitzungsstunde darf man behalten
In ihren Berechnungen hat sich die Baselbieter Regierung auf ein Gutachten des Rechtsprofessors Enrico Riva gestützt. Sie entschied: Regierungsräte dürfen Verwaltungsratshonorare von 300 Franken pro Sitzungsstunde behalten. Anders als die Finanzkommission nahm die Regierung dabei aber nicht jedes Mandat einzeln unter die Lupe, sondern berechnete einen Durchschnittswert. Dank dieser neuen Berechnungsmethode konnten Regierungsräte lukrative Verwaltungsratshonorare mit weniger gut bezahlten Mandaten verrechnen.
Ein Beispiel: Laut dem Bericht der Spezialkommission erhielten Kantonsvertreter im Verwaltungsrat des Krafwerks Birsfelden eine Entschädigung von 400 bis 500 Franken pro Stunde, also mehr als die erlaubten 300 Franken. In diesem Verwaltungsrat ist auch Regierungsrätin Sabine Pegoraro. Dass sie nun dennoch nichts zurückzahlen muss, wurde offenbar nur deshalb möglich, weil Sabine Pegoraro diese Sitzungsgelder mit weniger lukrativen Mandaten verechnet konnte.
Es geht um relativ wenig Geld - aber es geht auch ums Prinzip
Zugegeben: Es geht um relativ wenig Geld: Laut Finanzkommission hat Sabine Pegoraro von 2009 bis 2013 insgesamt 18'000 Franken Spesen und Sitzungsgelder behalten. Dennoch zweifelt SP-Landrat und Finanzkommission-Mitglied Ruedi Brassel, dass sie zurecht ganz entlastet worden ist.
Die Baselbieter Regierung will sich derzeit nicht äussern zu ihrer neuen Berechnungsmethode. Sabine Pegoraro lässt lediglich durch die Landeskanzlei ausrichten, sie sei bei der Behandlung der Honoraraffäre immer in den Ausstand getreten, auch als ihre Regierungskollegen das umstrittene Berechnungsmodell absegneten. Der stellvertretende Landschreiber, Nic Kaufmann, sagt auch nur, dass man im laufenden Verfahren zunächst alle betroffenen Regierungsräte und Chefbeamte anhören wolle.
Forderung: Unabhängiger Experte soll Klarheit bringen
GLP-Landrat Gerhard Schafroth reichen diese knappen Stellungnahmen nicht. Er fordert, dass die Regierung einen unabhängigen Experten einsetzt: «Wir brauchen jetzt Berechungen eines Aussenstehenden, der in keiner Art und Weise verbandelt ist mit den Polit-Interessen im Baselbiet.»