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Baselworld in der Krise «Ich habe es kommen sehen»

Uhren-Papst Jean-Claude Biver im Gespräch über die Baselworld nach dem Abgang aller grosser Uhrenfirmen.

Noch wollen die Verantwortlichen bei der Baselworld die Messe nicht aufgeben. In der Uhrenbranche jedoch sind sich viele einig, dass mit dem Weggang grosser Marken wie Rolex die Baselworld keine Zukunft hat. Auch Jean-Claude Biver sieht wenig Chancen für die lange bedeutenste Industriemesse für Uhren und Schmuck.

Jean-Claude Biver

Uhrenunternehmer

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Der 70-jährige Unternehmer blickt auf eine lange Karriere in der Uhrenindustrie zurück. Er ist Präsident der Schweizer Uhrenfirma Hublot und verantwortlich für die Marken TAG Heuer und Zenith beim französischen Luxusgüterkonzern LVMH. Das Uhrmachhandwerk lernte der ursprünglich aus Luxemburg stammende Biver im Vallée de Joux.

Regionaljournal Basel: Warum haben die grossen Uhrenfirmen die Baselworld verlassen?

Jean-Claude Biver: Es ist eine Summe von Gründen. Die Baselworld hat ihre Kunden, die Uhrenfirmen, nicht wie Könige behandelt, was sie hätte tun müssen. Exemplarisch dafür war, dass man nie die Daten der Messe in Basel mit der Messe «Watches and Wonders» in Genf abgestimmt hat. Statt zeitgleich fanden die immer drei Monate versetzt statt. Aber ein Kunde mag nicht zwei Mal von Australien oder Singapur in die Schweiz fliegen müssen. Die Baselworld hat sich arrogant verhalten, nicht unter dem jetzigen Management, aber davor.

Die Uhrenmarken wurden nicht wie Könige behandelt.

Dann hat der Weggang der Swatch-Gruppe – dem grössten Konzern der Uhrenindustrie – vor zwei Jahren die Baselworld stark geschwächt. So etwas hinterlässt einfach Spuren. Andere wie Breitling sind gefolgt. Ich vermute, dass dann die grossen Firmen wie Rolex und Patek beschlossen haben, selber eine Messe zu veranstalten in Genf und zwar zum gleichen Zeitpunkt wie bereits die Watches and Wonders.

Diese Uhrenfirmen führten als Hauptgrund ins Feld, dass die Baselworld von Ihnen eine Kostenbeteiligung an der wegen des Corona-Virus abgesagten Messe 2020 verlangte. Ein Vorwand?

Auch hier gibt es wohl mehrere Gründe. Zu der geforderten Kostenbeteiligung von 15 Prozent kommt sicher noch etwas anderes dazu. Nämlich, dass das neue Datum für die Ausgabe der Baselworld 2021 offenbar nicht mit den Uhrenfirmen abgesprochen wurde.

Hätte die Messe 100 Prozent der Kosten für die abgesagte Baselworld übernehmen sollen?

Ja. Wenn ich Uhren herstelle auf Bestellung eines Kunden und er die dann doch nicht braucht wegen des Corona-Virus, dann muss ich das akzeptieren und die Bestellung stornieren. Ich finde, jeder muss seine Verantwortung tragen.

Können Sie sich eine Art Mittelklasse-Baselworld vorstellen?

Nein, das glaube ich nicht. Das Prestige ist weg, weil die Hauptkunden weg sind. Es gibt keine Anziehungskraft mehr. Die Messe mag noch Baselworld heissen, aber das ist eine leere Hülse.

Das heisst, die Baselworld ist tot?

Ja, ausser Basel erfindet sich neu.

Tut ihnen das leid?

Natürlich. Ich verbinde viele nostalgische Gefühle mit der Baselworld. 1982 habe hier das erste Mal meine eigene Marke ausgestellt. Wir hatten kein Geld und haben in einem VW-Bus hinter dem Güterbahnhof übernachtet. Morgens sind wir jeweils zum Duschen und Umziehen zum Passagierbahnhof gefahren und dann an die Baselworld gegangen. Das sind unvergessliche Erinnerungen! Aber leider habe ich das Ende kommen sehen.

Wieso?

Weil man es in all den Jahren nicht geschafft hat, die zwei Uhrenmessen – jene in Basel und jene, die 1989 von Cartier in Genf gegründet wurde – zum selben Zeitpunkt zu veranstalten. Und zwar, weil einfach der nötige Wille fehlte. Das musste einfach schief gehen.

Das Gespräch führte Georg Halter.

Regionaljournal Basel, 17.30 Uhr ; 

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