Edgar Hagen sagt es ungeschminkt. Noch vor wenigen Jahren wären Menschen wie Jonas (11) und Helena (19) in der geschlossenen Abteilung einer Psychiatrie verwahrt worden. Weggeschlossen. Aus dem Blickfeld der Gesellschaft entfernt. «Heute geht das zum Glück nicht mehr», sagt Hagen. Seit der Unterzeichnung der UN-Behindertenkonvention im Jahr 2006 hat sich die Schweiz verpflichtet, andere Wege zu finden und auch Menschen mit schweren geistigen Behinderungen in die Gesellschaft zu integrieren.
Wie dies aussehen kann, das zeigt der Basler Regisseur in seinem neusten Dokumentarfilm, der seit Ende Januar in den Schweizer Kinos läuft. Er beleuchtet unter anderem den Lebensalltag von Jonas, der aufgrund einer Fehlbildung des Hirnes weder laufen, sitzen noch sprechen kann, gleichwohl aber in eine Schule mit nicht-behinderten Kindern geht. Eine Herausforderung für alle Beteiligten, aber auch eine Chance, glaubt Hagen.
Der Film verherrlicht aber nicht, im Gegenteil, er führt die Betrachterin und den Betrachter an die Schmerzgrenze. Man sieht beispielweise wie die alleinerziehenden Mutter Veronika Kissling von ihrer Tochter Helena gefordert wird, weil diese zunehmend aggressives Verhalten zeigt, wie die Mutter lange nach der richtigen Lebensform für sich und ihre Tochter sucht und wie sie körperlich und psychisch an den Anschlag kommt. «In meinem Film wollte ich nichts beschönigen und nichts dramatisieren, sondern einfach zeigen wie der Alltag dieser Menschen aussieht.»
Hagens Anspruch bei seinem Schaffen ist es, die Gesellschaft als Ganzes zu verstehen - und da gehörten auch die Ränder dazu. «Ich bin auch heute noch erstaunt, wie selten Menschen mit Behinderung in unserem Alltag auftauchen», sagt Hagen. «Deshalb wollte ich sie für einmal ins Zentrum stellen.» Als Gesellschaft stünden wir im Umgang mit Menschen mit einer geistigen Behinderung nämlich noch ganz am Anfang, sagt Hagen.