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Baupolitik in Basel Umstrittenes Mittel gegen Zweitwohnungen

Inmitten von Wohnhäusern auf dem Bruderholz liegt das Radiostudio Basel. Dieses wird demnächst abgerissen; SRF zügelt ins Gundeli-Quartier. Auf dem Areal des alten Studios sollen nun knapp 50 Eigentumswohnungen entstehen. Der Grosse Rat hat den Bebauungsplan dafür genehmigt. Ungewöhnlich ist aber: Der Grosse Rat hat gleichzeitig eine Wohnsitzpflicht eingeführt. Das heisst, es ist vorgeschrieben, dass dauerhaft jemand in den Wohnungen leben muss.

Dieser Vorschlag stammt von SP-Kantonsparlamentarier René Brigger: «Die Idee ist naheliegend. In Basel herrscht Wohnungsnot. Und wenn schon Wohnungen gebaut werden, dann wollen wir dort auch Steuerzahler und keine Zweit- oder Drittwohnsitze.»

Schlechte Erfahrungen gemacht

Es geht also darum zu verhindern, dass Gutbetuchte Wohnungen kaufen, ihre Steuern aber in einem anderen Kanton bezahlen. Brigger sagt, Basel habe schlechte Erfahrungen gemacht mit teuren Eigentumswohnungen in einer ehemaligen Liegenschaft des Kantons, die als Zweitwohnungen genutzt würden.

Damit sich dieser Fall bei den geplanten Eigentumswohnungen auf dem Bruderholz nicht wiederholt, hat sich der Grosse Rat also für eine Wohnsitzpflicht ausgesprochen. Aussergewöhnlich ist, dass der Kanton damit privaten Grundeigentümern Vorschriften macht, wer in ihren Wohnungen leben muss.

Regierung wünscht sich gerichtliche Klärung

Es stellt sich die Frage, ob der Kanton das überhaupt darf. Der zuständige Basler Regierungsrat, Baudirektor Hans-Peter Wessels, zweifelt daran. Er wehrte sich im Parlament vergeblich gegen die Wohnsitzpflicht. Bei einem einzelnen Bauprojekt eine solche Pflicht einzuführen, verstosse gegen die Bundesverfassung, sagt Wessels.

Die Bewohner der Wohnungen wären in ihrer Niederlassungsfreiheit einschränkt, sagt Wessels. «Wenn Wohneigentum einmal verkauft ist, dann ist es schwer vorstellbar, den Eigentümern vorzuschreiben, dass sie jahrzehntelang in Basel wohnen müssen.» Um die Niederlassungsfreiheit einzuschränken, bräuchte es ein separates Gesetz, das dann für alle Bauprojekte gälte.

Der Basler Baudirektor sagt, er wäre froh, wenn ein Gericht klären würde, ob die vom Kantonsparlament beschlossene Wohnsitzpflicht rechtens ist. «Ich würde es begrüssen, wenn so etwas stattfinden würde.»

Eigentümerin hat Rekurs eingelegt

Genau das passiert nun tatsächlich. Die Eigentümerin des Areals ist die Genossenschaft SRG Region Basel. Sie legt Rekurs ein gegen den Entscheid des Grossen Rats. Andreas Dürr, Vizepräsident und Hausjurist der Genossenschaft, sagt: Die Wohnsitzpflicht verstosse gegen die Eigentumsfreiheit.

Nun muss sich also bald ein Gericht mit der Frage beschäftigen, ob die Wohnsitzpflicht rechtens ist. Es dürfte ein wegweisendes Urteil sein. SP-Grossrat René Brigger, der die Wohnsitzpflicht erfunden hat, möchte das Instrument nämlich künftig auch bei anderen Bauprojekten anwenden, um Zweitwohnungen zu verhindern.

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