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Begrenzungsinitiative SVP-Schwergewicht Spuhler stellt sich gegen eigene Partei

Der Stadler-Rail-Boss und frühere SVP-Nationalrat Peter Spuhler kämpft gemeinsam mit FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter gegen die SVP-Initiative. Bei der eigenen Partei kommt dieses Engagement nicht gut an.

Es ist die europapolitische Abstimmung des Jahrzehnts: Die Begrenzungsinitiative der SVP, die Initiative gegen die Personenfreizügigkeit, kommt in gut drei Wochen an die Urne. Die Fronten sind eigentlich klar: alle gegen die SVP, die SVP gegen alle. Wobei: Ganz alle SVPler unterstützen die Initiative dann doch nicht. Ein besonders prominentes Mitglied schert aus.

Es wäre grobfahrlässig, wenn man den bilateralen Weg verlassen und die Verträge an die Wand fahren würde.
Autor: Peter Spuhler Konzernchef Stadler Rail

Er sei schon immer für den bilateralen Weg eingestanden, erklärt Peter Spuhler: «Es wäre grobfahrlässig, wenn man den bilateralen Weg verlassen und die Verträge an die Wand fahren würde.»

Die zuständige Bundesrätin Karin Keller-Sutter freut sich über Spuhlers Engagement. «Es ist insgesamt wichtig, dass sich die Unternehmer klar outen und sagen, diese Initiative ist eine Gefahr für den Werkplatz Schweiz.»

SVP-Unternehmer Grüter kritisiert

Ein anderer SVP-Vorzeigeunternehmer ist Franz Grüter, Verwaltungsratspräsident des Internet-Unternehmens Green.ch. Grüter kämpft als einer der SVP-Vizepräsidenten für die Begrenzungsinitiative. Dass sein Parteikollege, mit dem er auch gut befreundet ist, gegen die Initiative kämpft, kommt bei ihm nicht gut an.

Peter Spuhlers Kunden sind die Regierungen in der Schweiz und in ganz Europa.
Autor: Franz Grüter Vizepräsident SVP

Er vermutet bei Spuhler ein anderes Motiv: «Peter Spuhlers Kunden sind die Regierungen in der Schweiz und in ganz Europa.» Spuhler wolle sich mit diesen Regierungen einfach gut stellen.

Ein happiger Vorwurf. Dazu lächelt Spuhler nur und sagt, seine Züge würde er bei öffentlichen Ausschreibungen anbieten. «Sich gut stellen ist gar nicht möglich, das geht alles ganz genau nach gesetzlichen Vorgaben und Prozessen.»

Spuhler befürchtet «Planwirtschaft»

Fast die Hälfte von Peter Spuhlers 4500 Mitarbeiter in der Schweiz sind Spezialisten aus dem EU-Raum. Bei einem Wegfall der Personenfreizügigkeit würde das Anwerben neuer Fachkräfte kompliziert, befürchtet Spuhler. «Wir würden auf das alte Modell der Kontingentierung zurückfallen», das sei ein bürokratisches Modell, eigentlich «Planwirtschaft».

Mann In Zug-Werk
Legende: CEO Peter Spuhler posiert nach der Bilanzmedienkonferenz der Stadler Rail, 7. Juni 2017 in Bussnang. Keystone

Internet-Unternehmer Franz Grüter versichert, Peter Spuhler könnte auch nach einem Ja zur Initiative seine Spezialisten im EU-Raum rekrutieren. «Vielleicht muss er ein Formular ausfüllen.» Aber das sei vielerorts auf der Welt normal. Man wolle auch nach dem Ende der Personenfreizügigkeit möglichst unbürokratisch die Fachkräfte in die Schweiz lassen, sagt Grüter. Aber nur die, die es auch wirklich brauche.

Das Ende der Bilateralen?

Doch die Gegner befürchten, dass wegen der sogenannten Guillotine-Klausel alle Verträge der Bilateralen Eins wegfallen könnten. Etwa auch die Abkommen über den Luft- und Landverkehr. «Man sieht jetzt am Beispiel von Grossbritannien, wie schwierig es nachher ist, einen neuen Vertrag auszuhandeln», warnt Spuhler. Er glaube nicht daran, dass man die Bilateralen nach einem Ja zur SVP-Initiative «retten» könnte.

Das sieht wiederum SVP-Unternehmer Franz Grüter ganz anders. Die EU verkaufe wesentlich mehr Güter in die Schweiz als umgekehrt. «Die EU hat ein enormes Interesse, dass die bilateralen Verträge erhalten bleiben.»

Für SVP-Unternehmer Spuhler ist die Begrenzungsinitiative insgesamt ein zu gefährliches Experiment. Mit der Coronakrise sei die Lage an der Wirtschaftsfront schon genügend unsicher. Doch mit dieser Meinung eckt er in seiner eignen Partei ziemlich an.

10vor10, 4.09.2020

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