Unfall im Klassenlager, Verpuffung im Chemielabor, Geiselnahme, Amoklauf... An Schulen sind viele Situationen möglich, in denen Lehrerinnen und Lehrer rasch handeln müssen. Aber wie?
Auskunft gibt im Kanton Solothurn seit 2011 der Ordner «Krisen und Notfälle an Schulen». Aber wer hat schon immer alle Ordner dabei? Deshalb gibt es neu auch eine App für das Smartphone. So haben Lehrer jederzeit die wichtigsten Informationen und Telefonnummern zur Hand. Zum Beispiel, wenn es wieder zu einer Bombendrohung kommen sollte, wie 2015 in der Stadt Solothurn.
Wer hat's erfunden? Die Zürcher
Die App sei ein «digitaler Notfallzettel», erklärte Andreas Walter, Vorsteher des Volksschulamts, am Montag vor den Medien in Solothurn. Entwickelt wurde die App vom Kanton Zürich (siehe Video). Der Kanton Solothurn hat eine Lizenz erworben und ein paar Anpassungen vorgenommen.
Die Kosten für den Kanton Solothurn betragen einmalig 23'000 Franken und jährlich wiederkehrend ungefähr 16'500 Franken für Betrieb und Wartung. Das sei viel billiger, als wenn der Kanton selber eine App entwickelt hätte, wurde an der Medienkonferenz betont.
Nicht für alle Lehrer
Der Kanton Solothurn stellt die Notfall-App den Schulen kostenlos zur Verfügung. Ob sie diese nutzen wollen, und wieviele Lehrpersonen die App herunterladen sollen, entscheiden die jeweiligen Schulleitungen. Es kann also sein, dass eine kommunale Schule auf die Notfall-App verzichtet, und es ist auch nicht geplant, dass alle Lehrer damit ausgerüstet werden.
Bei den Kantonsschulen und den kantonalen Berufsbildungszentren ist hingegen bereits entschieden worden, dass die App eingesetzt wird. Der zuständige Amtsvorsteher Stefan Ruchti war früher selber Rektor am Berufsbildungszentrum Solothurn und hat vor einigen Jahren eine Amokdrohung miterlebt. Er hofft, dass die App künftig den Lehrern mehr Sicherheit gibt, in einer solchen Situation die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Skepsis im Aargau
Auch der Kanton Aargau kennt eine Notfall-App an Schulen. Sie wurde vor vier Jahren vorgestellt. Eine Bilanz nach zwei Jahren fiel negativ aus. Es gebe bereits genügend Beratungsangebote für Lehrerinnen und Lehrer, kritisierte der Aargauische Lehrerverband damals.
Bei der Aargauer Notfall-App handle es sich um eine Eigenentwicklung der Aargauer, wurde am Montag an der Medienkonferenz des Kantons Solothurn gesagt. Man könne deshalb keine Stellung nehmen dazu.
Man werde die Solothurner App aber sehr vorsichtig bei der Lehrerschaft einführen, stellte Volksschulamt-Chef Andreas Walter in Aussicht. An einem Treffen der Schulleitungen am Dienstag werde die App ausführlich vorgestellt und erklärt.