Rund 1500 Einwohnerinnen und Einwohner zählt Uettligen, Ortsteil der Gemeinde Wohlen. Das Berner Dorf liegt gut neun Kilometer von der Stadt entfernt. Man kennt sich, man grüsst sich. Die Krise trifft alle – aber nicht alle gleich.
Das Wirtepaar
Das Restaurant hat geschlossen. Der Wirt, Jürg Bütschi, würde jetzt eigentlich Spargeln rüsten und kochen. Daraus wurde dieses Jahr bisher nichts. Stattdessen erntet er sie, direkt auf dem Feld, freiwillig, unter der Woche. Zusammen mit seiner Frau Erika Bütschi, der Wirtin. Am Samstag verkaufen sie sie in ihrem Restaurant – damit dem wieder etwas Leben eingehaucht wird.
Erika Bütschi fehlt es, das Leben: «Man hat kaum Kontakt mit Menschen. Man kann nicht kurz ein paar Worte wechseln. Da geht viel verloren».
Finanzell steht das Paar nicht so schlecht da im Vergleich: Für sich und die Angestellten wurde Kurzarbeit eingeführt. Dazu gab es relativ unbürokratisch auch einen finanziellen Zustupf – 70'000 Franken für die Umsatzeinbussen.
Der Bäcker
In der Bäckerei, ein paar Schritte weiter, sieht es ähnlich aus wie im Restaurant: Leer. Vor allem im angrenzenden Tearoom, da war schon länger kein Gast mehr. Der Chef der Bäckerei, Andreas Zingg, muss den Gürtel enger schnallen. Rund ein Viertel des Umsatzes generiert er durch das Tearoom, drei Viertel durch die Bäckerei.
Jetzt sei es gerade noch machbar. Aber: «Ende Mai wird es dann kritisch», sagt er. Alleine vom Brot kann er nicht leben: «Torten verkaufen wir keine mehr. Es wird nichts gefeiert, also braucht es keine Torten.»
Der Käser
Ganz anders die Gefühlslage bei dem Käser im Dorf Uettligen: Christoph Räz hat 15 bis 20 Prozent mehr Umsatz – pro Tag. Er weiss von seinen Kundinnen und Kunden, dass diese viel öfters zuhause essen und deshalb auch mehr einkaufen. «Viele meiden die Grossverteiler und kommen zu uns.» Besonders beliebt sind Greyerzer, Emmentaler, Alpkäse. Also Hartkäse, der lange haltbar ist.
Uettligen mit seinen 1500 Einwohnerinnen und Einwohner habe sich verändert. Man frage einander eher, ob es gut geht. «Ich glaube, das Virus bringt das Dorf schon näher zusammen», sagt der Käser.
Der Gemeindepräsident
Bänz Müller hat nicht weniger zu tun während der Coronakrise, im Gegenteil: «Aber genau dafür sind wir da», sagt er. Es gebe keine Laufkundschaft mehr, weil die Schalter geschlossen seien. Es gebe mehr Mails, mehr Telefone, weniger persönliche Gespräche. Die Aufgabe der Gemeinde habe sich auch verändert: «Einmal am Tag trifft sich der Notfallstab.» Auch die Website werde täglich auf den neusten Stand gebracht.
«Ich habe mehr Kontakt zu den Leuten als sonst», sagt der Gemeindepräsident. In Uettligen und Wohlen gebe es viele Hilfsangebote für die, die es brauchen könnten. Es scheitere höchstens daran, dass diese nicht in Anspruch genommen werden: «Viele trauen sich nicht, Hilfe anzunehmen.»