Würde der Kanton Bern die Verlustscheine seiner Bürger stapeln, gäbe das einen Turm von 77 Metern. Das ist höher als der Hauptsitz der Postfinance im Berner Wankdorf. Der Hauptsitz könnte sogar noch um fünf Stockwerke erhöht werden.
3,5 Milliarden Franken machen die Verlustscheine aus, die auf der Steuerverwaltung lagern - rund ein Drittel eines jährlichen Kantonsbudgets.
Neue Praxis ab 2017
Bisher galt die Praxis: Verlustscheine können nicht verjähren. Das wird sich auf Ende 2016 aber ändern. Der Gesetzgeber hat 1997 beschlossen, dass Verlustscheine nur noch 20 Jahre gültig sein sollen. Die ersten Verlustscheine verfallen also am 1. Januar 2017.
«Wir sind vorbereitet auf dieses Datum», sagt Roger Härri, Bereichsleiter Inkasso der Steuerregion Bern-Mittelland. Vor fünf Jahren habe man sich beim Kanton zum ersten Mal Gedanken darüber gemacht, wie Verlustscheine optimal verwaltet werden könnten.
Abläufe verbessert
Deshalb - und auch wegen des finanziellen Drucks - habe der Kanton Bern in den letzten Jahren seine Abläufe im Bereich der Verlustscheine optimiert. Wer nach Jahrzehnten wieder zu Vermögen kommt, wird automatisch von der bernischen Steuerverwaltung angeschrieben und auf die Verlustscheine aufmerksam gemacht. Die Verlustscheine, die wegen auslaufender Frist verfallen, versucht die Kantonsverwaltung wieder zu reaktivieren.
Bürgerinnen und Bürger, die beim Kanton Ausstände haben, müssen also mit einem neuen Schuldbetreibungs- und Konkursverfahren rechnen - auch wenn sie nicht zu Vermögen gekommen sind. Der Grund: Damit kann der Kanton seine Forderungen weiterhin aufrechterhalten.
Das System scheint zu funktionieren: 2012 spülte die konsequente Bewirtschaftung der Verlustscheine 14 Millionen Franken in die Kantonskasse. Ein Jahr später waren es bereits 18,3 Millionen und 2014 21 Millionen Franken.
(Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr)