Das Telefon in der Notrufzentrale der Berner Sanitätspolizei klingelt immer häufiger. Seit drei Jahren beobachten die Sanitäter, dass sie vermehrt gerufen werden. «Die Leute rufen schon wegen Erkältungen oder leichten Verletzungen an», sagt Einsatzdisponent Matthias Senn. Er und seine Kollegen müssen deshalb genau abklären, ob ein Einsatz wirklich nötig ist. «Im Zweifelsfall schicken wir lieber eine Ambulanz zu viel, als zu wenig.»
Für Peter Salzgeber, Kommandant der Berner Sanitätspolizei, ist klar, weshalb sich die Leute heute eher bei der Notrufzentrale melden. «Immer weniger Leute haben einen Hausarzt und damit keine direkte Ansprechperson mehr.» Die Versicherungen würden neue, unpersönliche Versicherungsmodelle fördern. «Wenn es schnell gehen muss, wählen die Leute lieber die Nummer 144, als sich an die Gruppenpraxis zu wenden.»
Die Krankenkassen widersprechen. Ihrer Meinung nach fördern die neuen Modelle keine aus medizinischer Sicht unnötigen Anrufe bei der Notrufzentrale. Paul Rhyn vom Krankenkassenverband Santésuisse gibt aber zu: «Viele Leute haben zu wenig Geduld und rufen direkt beim Notruf an.»
Für Gesundheitsökonom Heinz Locher sind gerade Gruppenpraxen eine gute Lösung. Die Leute müssten einfach wissen, dass sie sich im Notfall eben auch an die Gruppenpraxis wenden können oder eine Permance zur Verfügung steht. «So kann das Notrufsystem entlastet werden.» Die Versicherungen seien aber gefordert, die Versicherten aufzuklären. Die Versicherungen müssten klar machen, wann ein Notfall wirklich ein Notfall ist.
(Regionaljournal BE FR VS, 17.30 Uhr)