«Für mich ist Sexualität einfach eine weitere und schönere Form der Kommunikation», sagt Isabelle Kölbl. Sie hatte zuerst in einem kaufmännischen Beruf gearbeitet und eine Familie gegründet, wechselte dann in den Bereich der Reittherapie. Dort erzählten ihr Menschen mit Behinderungen, dass sie ihr Bedürfnis nach Sexualität kaum ausleben können. «Das Bedürfnis ist da, aber es ist schwierig für jemanden mit einer Behinderung.»
Diese Arbeit macht mich rundum glücklich.
Seit etwa zehn Jahren ermöglicht sie nun selber Menschen mit einer Behinderung sexuelle Erlebnisse. «Ich liebe die Herausforderungen und das Spezielle an diesem Beruf», erzählt Isabelle Kölbl als Sonntagsgast im «Regionaljournal Bern Freiburg Wallis». Sie fühle sich mit Haut und Haaren glücklich dabei. «Mein Glück ist, dass ich am Glück dieser Männer teilhaben darf. Jemandem so nahe sein zu dürfen, finde ich ein ungemein schönes Geschenk.» Wunderbar seien für sie auch Rückmeldungen wie diese: «Isabelle, zum ersten Mal in meinem Leben durfte ich Mann sein, und nicht ein ‹behinderter Mann›.»
Die Bezahlung ist wichtig
Die Männer, die zu Isabelle Kölbl kommen - manche besucht sie auch - sparen sich dieses Erlebnis oft lange zusammen. «Manchmal bekomme ich ein Couvert voller 10er-Noten. Da sehe ich, wie wichtig ihnen dieses Erlebnis ist.» Dass die Männer den Besuch bezahlen, gehört für Isabelle Kölbl zur Professionalität: «Es macht für uns beide deutlich, dass es eine Dienstleistung ist. ‹Ich bin nicht deine Freundin, deine Partnerin.› Das klar zu machen, ist ganz wichtig.»
Es braucht viel Zeit und Energie.
Reich werde sie dabei nicht: «Wenn ich all die Stunden zusammenzählte, die ich zur Vorbereitung gratis arbeite, würde ich an einer Migros-Kasse mehr verdienen.» Sexuelle Dienstleistungen für Menschen mit einer Behinderung bräuchten viel Zeit, schon nur für die Abklärungen im Voraus. «Zudem sind ein grosses Wissen und ein gutes Gespür nötig.»
Isabelle Kölbl hat bei der Fachstelle Behinderung und Sexualität die Ausbildung zur Sexualbegleiterin absolviert. Unterdessen bildet sie selber Frauen aus, die sich für diesen Beruf interessieren. Manche dieser Frauen arbeiten bereits als Prostituierte, andere kommen zum Beispiel aus einem sozialen oder pflegerischen Beruf.
Ich trenne Beruf und private Partnerschaft.
Isabelle Kölbl ist 56 und lebt mit ihrem Partner im gleichen Haus, in dem sie ihr Studio hat. Zu ihrem Beruf habe er einmal gesagt: «Warum sollen Menschen mit einer Einschränkung nicht auch erleben dürfen, wie schön die Sexualität ist?» Eifersüchtig sei ihr Partner nicht. «Er findet das Leben mit mir spannend und eine Bereicherung.»
(Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr)