Andreas Berger hat viel Herzblut und Engagement in seinen neuen Film gesteckt. Die Montage von «Welcome to Hell» ist aufwendig. Da werden Teile von Interviews mit passenden Liedzeilen aus Konzerten, Szenen aus Strassenschlachten und Theateraufführungen gegengeschnitten. Der Film zeigt die Reitschule mit all ihren Facetten.
Das hat auch damit zu tun, dass Berger sich als eine Art Chronist der Szene versteht. Er versucht abzubilden, was in diesem farbig versprayten Kasten neben der Eisenbahnbrücke alles vor sich geht – mit allen Widersprüchen.
Da kommen maskierte Aktivisten zu Wort und erklären, weshalb sie der herrschenden Ordnung den Kampf angesagt haben. Szenen aus dem Restaurant Sous-le-Pont vermitteln Eindrücke aus dem ganz normalen Beizenalltag. Und in die Jahre gekommene Aktivistinnen erzählen von den immer wiederkehrenden Enttäuschungen, welche das Engagement in diesem basisdemokratischen Haus mit sich bringt.
«Welcome to Hell» zeigt in über zwei Stunden auf, was die Berner Reitschule alles bietet – sei es nun Heimat für Andersdenkende oder das grosse Kulturangebot – und in welchen Zwängen sie steckt. Da stehen sich der kommerzielle Betrieb und die antikapitalistische Weltanschauung gegenüber. Und auch die umstrittene Gewaltkultur, die unangenehme Nähe zur Drogenabgabestelle und das Dealen auf dem Vorplatz sind Thema.
Nähe und Distanz
Andreas Berger versucht in «Welcome to Hell» eine gewisse Distanz zu wahren. Er lässt auch ausführlich Kritiker der Reitschule zu Wort kommen, doch immer ist da die Nähe zur Szene, welche er seit Jahren begleitet. Es ist ein Drahtseilakt, welcher am Ende vielleicht verhindert, dass der Film in seiner ganzen Vollständigkeit einen neuen Ansatz in der Diskussion rund um den «schönsten Schandfleck von Bern» bringt. Was jedoch bleibt, ist der Einblick in eine Welt, die nach eigenen Regeln funktioniert.
(Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 6:32 Uhr)