Zehn Prozent des Berner Waldes sind von untragbaren Wildschäden in Mitleidenschaft gezogen. Die Rede ist vom sogenannten «Wildverbiss», wenn sich Hirsch, Reh und Gams an jungen Bäumen gütlich tun und die Triebe abknabbern. Vor allem die Weisstanne gehört zu den Leckerbissen. Aber Weisstannen sind im Bergwald wichtig, weil sie mit ihren tiefen Wurzeln den Boden zusammenhalten.
Wir machen uns Sorgen um gewisse Gebiete.
Hier sei der Aufwuchs und die Durchmischung des Waldes nur mit Wildschutzmassnahmen möglich, damit er zum Beispiel seine Funktion als Schutzwald erfüllen könne, sagt Adrian Lukas Meier, Abteilungsleiter Fachdienste und Ressourcen im bernischen Amt für Wald. Auf einem weiteren Viertel der Waldfläche sind die Schäden kritisch. In der Fachsprache heisst das, dass das «Bestockungsziel» nicht erreicht wird.
Nach wie vor viele Wildschäden im Wald
Diese Zahlen aus dem Wildschadengutachten 2015 des bernischen Amtes für Wald zeigen, dass die Schäden über den ganzen Kanton gesehen zwar etwas zurückgegangen sind, aber immer noch auf hohem Niveau verharren. «Wir sind sehr froh über den Rückgang», sagt Adrian Lukas Meier, «aber wir machen uns Sorgen um Gebiete, bei denen die Schäden zugenommen haben oder sich die Situation über viele Jahre nicht gebessert hat». Für den Fachmann ist klar: Da kommen sich zwei Interessen in die Quere: jenes des Wildschutzes und jenes des Waldes.
Tatsächlich zeigt die Karte, dass sich die Schäden im westlichen Berner Jura, im Oberaargau und in den Wildräumen Schwarzenburg und Niederhorn ausgedehnt haben. Im Gebiet Napf, Kiesen und Niederhorn hoch über dem Thunersee gingen sie etwas zurück.
Die Krux mit der Lösung
Das Problem ist seit Jahren bekannt, die Waldbesitzer fordern denn auch immer wieder, dass die Wildbestände während der Jagd reduziert werden. Für die kantonalen Behörden liegt es auf der Hand, dass die Jagd eine Möglichkeit ist, Wildbestand und Waldzustand in Einklang zu bringen.
«Die Probleme sind differenziert und so müssen auch die Lösungen differenziert sein», gibt Adrian Lukas Meier zu bedenken. Dies werde nun mit allen Beteiligten austariert. Und er fügt bei, ein weiterer Aspekt der Waldschäden sei, wenn das Wild gestört werde. «Wenn es immer wieder in den Wald flieht oder sogar auch dort gestört wird, frisst es auch mehr.» Da ist also der Mensch im Weg. «Wir wollen nicht die freie Begehbarkeit der Wälder einschränken. Aber wir versuchen, Angebote zu machen, die etwas Ruhe in den Wald bringen.»
Von der Idee, die Wildtiere mit hormonell behandeltem Futter daran zu hindern, sich zu vermehren und so den allfälligen Abschuss abzuwenden, hält Meier allerdings gar nichts. «Ich habe da persönlich ein paar ganz grosse Fragezeichen. Ich glaube nicht, dass dies der Ansatz sein kann.»