Es ist die Geschichte vom Aufstieg und Fall des ersten Thermalbades im Kanton Bern. 1604 liess die Berner Obrigkeit eine warme, an Mineralstoffen reiche Quelle im Bunschental bei Weissenburg fassen und später ein Badhaus bauen. Denn es war ihr ein Dorn im Auge, dass reiche Berner ihr Geld im aargauischen Baden ausgaben.
Der Beginn der 19. Jahrhunderts war der Anfang einer überschwänglichen Bäder-Tradition mit 35 Betrieben alleine im Berner Oberland. Weissenburg war ein strahlendes Beispiel, ein Glanzlicht von Weltruf.
Mondäne Pracht im engen Tal...
Ab den 1840er-Jahren beherbergten zwei prächtige Grandhotels im engen Bunschental bis zu 350 Gäste, gekrönte Häupter und reiche Reisende. Ein eigenes Kraftwerk lieferte Strom, ein hydraulischer Aufzug gehörte zum grösstmöglichen Luxus, es gab einen Springbrunnen, ein Schwimmbad und ein Tennisplatz auf der gepflegten Anlage. Die spätere Königin Juliane der Niederlande zum Beispiel verlobte sich im Jahr 1936 hier.
30‘000 Logiernächte wiesen die beiden Häuser jeweils in der Sommersaison aus, einige Hundert Einheimische hatten Arbeit oder konnten die Hotels mit ihren Erzeugnissen beliefern. Auch für heutige Verhältnisse eine gewaltige wirtschaftliche Leistung. «Die Weissenburg-Bäder waren damals der wohl wichtigste Arbeitgeber im ganzen Oberland», bilanziert Hansruedi Aegerter, Präsident des Vereins Bad und Thermalquelle Weissenburg.
Nach zwei Weltkriegen, jahrelang geschlossenen Hotels mit untergebrachten Internierten und der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre war die Herrlichkeit allerdings vorbei, auch wenn sich das vordere Bad auch in der Zwischenkriegszeit als Luxushaus noch halten konnte.
...und das bittere Ende im 20. Jahrhundert
Das hintere Weissenburgbad wurde 1925 abgebrochen und das Gelände der Natur überlassen. Das mondäne vordere Weissenburgbad, nach einem Grossbrand 1898 binnen eines Jahres wieder aufgebaut, ging 1963 Konkurs und zerfiel.
Eine Brandstiftung gab dem von Vandalen verwüsteten und von der Armee als Übungsobjekt genutzten Bau den Rest, schliesslich brachen Soldaten die mittlerweile lebensgefährlichen Trümmer im Jahr 1986 ab. Zwei Jahre später kam auch das endgültige Ende für die traditionsreiche Mineralwassermarke «Weissenburger».
Verein Bad und Thermalquelle Weissenburg hält Erinnerung wach
Allerdings begannen sich damals Leute aus dem Simmental für ihre Bädergeschichte zu wehren. Denn auch im Tal selbst verblasste die Erinnerung an die glorreichen Zeiten zusehends. Der «Verein Bad und Thermalquelle Weissenburg» erwarb die alte Hotelparzelle des vorderen Bades und konnte die letzten baulichen Zeugen retten. Heute ist das Gelände ein Rastplatz mit einem Informationspavillon.
Es konnte doch nicht sein, dass unsere Bädergeschichte dem Erdboden gleichgemacht wurde und völlig verschwand
Seit zwei Jahren sanierte der Verein zudem mit Hilfe zahlloser Helfer, Lehrlingslager und des archäologischen Dienstes des Kantons Bern die Grundmauern und Mauerreste des hinteren Weissenburgbades und machte damit die geschichtsträchtige Anlage in Konturen eindrücklich sichtbar. Sie wird am ersten Oktoberwochenende 2015 feierlich eingeweiht.
Die 27 Grad warme Mineralquelle hat alle Wirren einer über 400-jährigen Geschichte überlebt. Auch sie ist saniert und ihr Wasser fliesst glasklar in einen Brunnen beim Bahnhöfli Weissenburg. Das Volk kann sich dort bedienen.