Im Schwingsport kommt es zu bisher unbekannten Auswüchsen. «Lidl bodigt die Migros» titelte Ende März die «Berner Zeitung» und berichtete, dass Lidl Migros als Hauptsponsorin beim Bernisch-Kantonalen Schwingfest von Ende August in Seedorf ausgebotet hat. Die Organisatoren würden eine Preistreiberei betreiben, so der Vorwurf, und diese Entwicklung wolle man nicht mitmachen, hiess es bei der Migros.
Wie der Deal zwischen den Organisatoren des Bernisch-Kantonalen Schwingfests und Lidl genau aussieht, ist unklar. Zahlen und Konditionen geben die Beteiligten nicht bekannt. Fest steht jedoch: Immer mehr Geld fliesst in den Schwingsport.
Dies belegen folgende Zahlen:
- Die Schwinger müssen 10 Prozent ihrer Werbeeinnahmen an den Verband abliefern. 2011 nahm der Verband noch 69'450 Franken ein. 2014 waren es bereits 157'260 Franken. Mehr als doppelt so viel.
- Das Eidgenössische Schwingfest 2013 in Burgdorf besuchten 300'000 Menschen - so viele wie noch nie.
- Der Schlussgang des «Eidgenössichen» in Burgdorf verfolgte rund 1 Million Zuschauer am Fernsehen.
- Zwischen 2001 und 2013 haben sich sowohl die Kosten als auch die Einnahmen für ein Eidgenössisches Schwingfest mehr als verdreifacht. In Burgdorf betrug das Budget offiziell rund 26 Millionen Franken.
- Das Bernisch-Kantonale Schwingfest von Ende August in Seedorf baut fünf Tribünen für 10'000 Zuschauer auf - noch nie war ein «Kantonales» so gross.
«Der Schwingsport hat eigentlich ein Luxusproblem», sagt Jürg Stettler, Professor der Hochschule Luzern gegenüber dem «Regionaljournal Bern Freiburg Wallis» von Radio SRF. Die Verbände würden jedoch nicht drum herum kommen zu regeln, wie sie mit dem Druck der Werbeindustrie umgehen wollen. «Es geht darum, Traditionen zu bewahren und sich auf moderne Art und Weise für Sponsoren zu öffnen.» Klar ist auch: Findet man einen gangbaren Weg, fliesst noch mehr Geld in den Schwingsport.
Der Eidgenössische Schwingerverband habe das Problem erkannt und werde mit den Teilverbänden das Gespräch suchen, erklärt Geschäftsführer Rolf Gasser. Einen zweiten Fall Seedorf soll es nicht geben. Aber: «Solange wir den Organisatoren von Schwingfesten keine Defizitgarantie abgeben, solange können wir bei der Wahl der Sponsoren schlecht mitreden.»
(Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr)