Stephan Ramseyer betritt das Klassenzimmer. Die 17 Schülerinnen und Schüler der Klasse 16Md des Gymnasium Neufelds grüssen und stehen stramm bis der Chemielehrer sagt: «Ihr könnt jetzt absitzen.»
Die Stunde beginnt mit einem Lied. «Marmor, Stein und Eisen bricht» dröhnt aus der Stereoanlage - ein Song, der vorletzte Woche noch auf Platz eins der Deutschen Hitparade gewesen sei, wie Stephan Ramseyer mit einem Augenzwinkern erzählt.
Der Chemielehrer trägt Anzug und Krawatte. Etwas ungewohnt für ihn, normalerweise trägt er Jeans und Hemd im Unterricht. Auch die Klasse hat sich für den historischen Schultag herausgeputzt. Die Männer tragen weisse Hemden und dunkle Anzüge, die Frauen gepunktete Blusen und Kleider. Jeans sind bei den Frauen nicht erlaubt.
Schulstoff aus den 1960ern
In dieser Stunde geht es um den Hochofenprozess und die Eisenproduktion. «Das ist ein Thema, das heute nicht im Lehrplan steht. Vor 50 Jahren war das noch anders, damals war die Eisenproduktion beispielsweise im deutschen Ruhrgebiet sehr wichtig», sagt Ramseyer.
Die Schüler schauen dazu einen Film. Nicht aber etwa ein Video aus dem Internet, sondern einen 16-Millimeter-Film. Stephan Ramseyer hat die Filmrolle samt Projektor aus dem Schularchiv ausgegraben. Dazu bearbeiten die Gymnasiasten und Gymnasiastinnen ein handgeschriebenes Arbeitsblatt.
Nach 45 Minuten schrillt die Aufnahme einer alten Schulglocke durch die Boxen. Wie war sie, die Lektion à la 1966? «Ich stelle mir vor, dass es früher schon noch etwas härter zu und her ging. Etwa Schläge auf die Finger mit dem Lineal», sagt der 18-jährige Lukas. Die 17-jährige Vera hingegen ist froh, dass sie heute Jeans tragen darf, «es wäre sonst schon etwas kalt.»