Seit Anfang 2015 ist im Kanton Bern das erste Integrationsgesetz in Kraft. Kernelement ist ein dreistufiges Modell, mit dem die neu zuziehenden ausländischen Personen systematisch unterstützt und begleitet werden.
Die meisten Ausländerinnen und Ausländer kommen im Familiennachzug, das heisst, ein Ehepartner oder die Eltern sind bereits in der Schweiz wohnhaft. Das Integrationsgesetz gilt nicht für Asylsuchende, vorläufig aufgenommene Ausländer und anerkannte Flüchtlinge.
Die erste Stufe ist ein Willkommensgespräch, das bei der Anmeldung auf der Gemeinde stattfindet – obligatorisch.
Stellen die Mitarbeiter dabei besonderen Informationsbedarf fest betreffend Sprachkursen, Ausbildung/Arbeit oder minderjährigen Kindern, werden die Ausländer für die zweite Stufe an eines der vier Kompetenzzentren im Kanton Bern weitergewiesen.
In der Stadt Bern hatten in den letzten drei Monaten 371 Personen ein Erstgespräch bei den Einwohnerdiensten. 87 davon wurden für ein Zweitgespräch an das Kompetenzzentrum Integration in Bern überwiesen – die meisten davon wurden dazu verpflichtet.
Verlust der Aufenthaltsbewilligung möglich
Die zweite Stufe ist ein Beratungsgespräch im Kompetenzzentrum. Dort erhalten Ausländer vertiefte Informationen, beispielsweise zu Sprachkursen, zur Zusammenstellung der Bewerbungsdossiers oder zur Anerkennung von Diplomen.
Die dritte Stufe des neuen Integrationsgesetzes wäre das Ausarbeiten einer Integrationsvereinbarung. Das kann bedeuten, dass eine Person einen Sprachkurs besuchen muss oder andere Auflagen erfüllen. Wird die Integrationsvereinbarung nicht eingehalten, kann die Aufenthaltsbewilligung im letzten Fall auch entzogen werden. Die dritte Stufe wurde aber bis jetzt noch nie angewendet.
«Positive Rückmeldung von Ausländern»
Das neue Berner Integrationsgesetz
Die Stadt Bern zieht nach drei Monaten Integrationsgesetz eine positive Bilanz. «Wir erhalten durchwegs positive Rückmeldungen von den Ausländerinnen und Ausländern», sagt Ursula Heitz, Leiterin des Kompetenzzentrums Integration.
«Sie fühlen sich durch das Beratungsgespräch bei uns begleitet und wir können auf jede einzelne Person individuell eingehen.» Auch der Leiter der Berner Einwohnerdienste, Migration und Fremdenpolizei, Alexander Ott, ist zufrieden: «Unsere Mitarbeiter freuen sich über die Ausweitung ihrer Arbeit. Und der Kontakt ist persönlicher, weil sie den Neuzuzügern mehr Fragen stellen müssen – auch zu ihrem Umfeld.»
Lange Wartezeiten
Es gibt aber auch Nachteile: Die Wartezeit bei der Anmeldung in der Stadt Bern hat sich durch die erste Stufe, das Willkommensgespräch, fast verdoppelt. Im Schnitt beträgt sie jetzt 50 Minuten.
Die Einwohnerdienste wurden bereits um eine Stelle aufgestockt. Damit die Wartezeiten wieder sinken, sind laut Alexander Ott noch zwei weitere Stellen nötig. Bezahlen müsste das laut Ott der Kanton – so stehe es auch im Gesetz.
(Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr)