In Thun betreibt eine evangelische Freikirche eine Sprachschule. Das Ziel: Den Flüchtlingen Deutsch beizubringen und den christlichen Glauben zu verbreiten. Eine Gruppe von Ausländerinnen sitzt in einem grossen Saal – eine Art Gebetshalle – an einem Tisch und versucht, deutsche Sätze zu entziffern. Dahinter steht ein grosses Holzkreuz. Eine Anhängerin der Freikirche BewegungPlus hilft ihnen bei den Übungen.
Die Botschaft des Herrn
Sie sei dankbar für den Unterricht, sagt eine Christin aus dem Irak. «Ich finde dieses Angebot sehr gut», sagt sie in gebrochenem Deutsch. Sie sei auch froh, dass die Kirchenleute während der Deutschlektion zu ihrem Sohn schauen. Von der Kirche merke sie nicht viel, sagt sie.
Die Freikirchen wollen auf sich aufmerksam machen.
Die Kirchenleute wollen durchaus den 160 Kursteilnehmern Gottes Wort näher bringen, gibt Pastor und Gemeindeleiter Meinrad Schicker zu: «Wir haben eine innere Mission», sagt er. «Wir wollen, dass die Sprachschüler durch uns die Liebe Gottes spüren.» Er betont aber, dass die Kurse kein «Missionsmittel» sind.
Religionswissenschaftler Jörg Stolz stellt solches Engagement der Freikirchen immer häufiger fest. Neustes Beispiel: Der Zusammenschluss der Freikirchen, die Schweizerischen Evangelischen Allianz, will jungen Asylsuchenden religiöse Gastfamilien vermitteln.
«Meistens wird indirekt evangelisiert», sagt Stolz. «Die Freikirchen hoffen, durch ihr Tun Interesse an ihrer Religion zu wecken.» Das sei in den meisten Fällen kaum problematisch. Doch die Behörden müssten auf die Tätigkeiten der Freikirchen ein Auge haben und, wenn nötig, einschreiten.
Kaum Kontrollen
Solche Kontrollen seien aber schwierig, sagt Léa Wertheimer, Mediensprecherin des Staatssekretariats für Migration. Der Bund betreibt in der ganzen Schweiz verschiedene Bundesasylzentren. «Die Asylsuchenden stehen nicht unter dauernder Beobachtung – wir sind deshalb auf ihr Feedback angewiesen.»