Der Berner Oberländer Energiekonzern KWO AG darf die beiden Staumauern des Grimselsees nicht erhöhen. Das bernische Verwaltungsgericht hat am Dienstag entschieden, dass der Moorschutz diesem Vorhaben entgegensteht. Damit ist die erweiterte Konzession hinfällig, die der Grosse Rat des Kantons Bern am 5. September 2012 genehmigt hat.
Die Verschiebung der Grenze des Moorschutzgebietes durch den Bundesrat war rechtswidrig.
Das Gericht urteilte, dass der Bundesrat im Jahr 2004 den Perimeter der national geschützten Moorlandschaft Grimsel unzulässigerweise auf einer Höhenkote von 27 Metern über dem heutigen Seeufer festsetzte. Das sei ein rein politischer Entscheid auf Drängen der Berner Regierung gewesen, mit dem einzigen Ziel, der Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) die Vergrösserung des Sees zu ermöglichen.
Schutz des Moores ist wichtiger
Bundesverfassung sowie Eidgenössisches Natur- und Heimatschutzgesetz erlaubten aber dieses Vorgehen nicht; die Landesregierung habe ihren Ermessensspielraum verletzt. Ein Augenschein habe klar gezeigt, dass die Moorlandschaft bis zum heutigen Seeufer hinab reiche. Das Gesetz verlange eine Abgrenzung solcher Schutzgebiete mithilfe von in der Landschaft klar ersichtlichen Abgrenzungslinien. Das sei in diesem Fall die heutige Seegrenze.
Die Natur hat gewonnen, nicht die Menschen. Wir sind sehr froh.
Das Gericht hiess mit diesem Entscheid Beschwerden mehrerer Umweltorganisationen gegen eine Änderung jener Gesamtkonzession gut, welche die KWO nutzt, um im Grimselgebiet ihre Kraftwerke zu betreiben.
Der Entscheid vom Dienstag kann weitergezogen werden. Er fiel mit 5 zu 0 Stimmen klar aus, auch wenn einer der fünf Verwaltungsrichter mit dem absoluten Schutz der Moore grosse Mühe bekundete. Es sei störend, dass beim Moorschutz jegliche Güterabwägung mit anderen öffentlichen Interessen von vorneherein unmöglich sei. Allerdings habe die Politik diese Frage zu klären und nicht die Gerichte. Ob der Kanton Bern oder die KWO das Verwaltungsgerichts-Urteil ans Bundesgericht weiterziehen, ist noch offen.
Wir müssen uns sehr sorgfältig überlegen, wie wir auf dieses Urteil reagieren.
Mit der Erhöhung der beiden Grimselsee-Staumauern um 23 Meter wollen die Kraftwerke Oberhasli AG die Speicherkapazität des Grimsel-Stausees fast verdoppeln. Auf diese Weise möchte das Unternehmen das gespeicherte Wasser besser über das Jahr verteilt für die Stromproduktion einsetzen können.
Rund 300 Millionen Franken will das Unternehmen im Besitz der BKW, der Industriellen Werke Basel, der Stadt Zürich und des Stadtberner Energieversorgers EWB für die Erhöhung der Staumauern und andere Bauarbeiten aufwerfen - wenn dann aus wirtschaftlichen Gründen überhaupt gebaut würde.
Zurzeit hat der Berner Oberländer Stromkonzern nämlich mehrere Kraftwerk-Projekte auf Eis gelegt, weil die Unternehmen bei den heutigen Wasserstrom-Preisen drauflegen. Diese wirtschaftlichen Erwägungen haben allerdings mit den grundsätzlichen konzessions- und verfassungsrechtlichen Fragen nichts zu tun.