In einem Einfamilienhaus oder gar einem Wohnblock wollen sie um keinen Preis wohnen. Rund 100 Leute sind es in Bern, die in ausrangierten Bau- oder Zirkuswagen hausen. Bis jetzt waren sie geduldet auf öffentlichem Grund. Nun soll die Stimmbevölkerung entscheiden, ob die Wagenbewohner einen fixen Standplatz erhalten.
Am äussersten Stadtrand von Bern soll die Wohnzone für alternative Wohnexperimente geschaffen werden. 6000 Quadratmeter gross, mitten in der Landwirtschaftszone. Seit Jahren habe man nach einer definitiven Lösung gesucht, sagt Stadtpräsident Alexander Tschäppät gegenüber Radio SRF. Das Areal im äussersten Westen der Stadt eigne sich dafür gut.
Die Idee der Stadtbehörden kommt bei den Wagenbewohnern allerdings nicht gut an. Sie fühlen sich ghettoisiert. Der vorgesehene Standplatz entspreche nicht ihren Vorstellungen. Keine Freude haben auch die Anwohner. Eine Wagenburg passe nicht in die ländliche Gegend, wehrt sich die Bauernfamilie Matter. Unterstützung erhält sie von bürgerlichen Parteien und von Wirtschafts- und Quartierorganisationen.
«Das Wagenleben wird weiter gehen»
Hüttendörfer haben in Bern eine lange Tradition. Mitte der 80er Jahre entstand Zaffaraya, das erste Hüttendorf in Bern. Es wurde zunächst platt gewalzt und ist heute an einem anderen Ort geduldet – auf Boden des Bundes, bei einer Autobahnausfahrt. Weitere Wagenbewohner siedelten sich in Bern an. Sie heissen Stadttauben und Stadtnomaden. Bis heute müssen sie alle drei Monate umziehen. Das haben Stadt und Landbesitzer vereinbart. Sagt das Volk am 22. September ja zur Hüttendorfzone im Westen der Stadt, hätte die Züglerei ein Ende.
Ein Nein ist jedoch wahrscheinlich. 1996 lehnten die Berner und Bernerinnen schon einmal ein ähnliches Projekt ab – mit über 60-Prozent-Nein-Stimmen. Die Wagenbewohner zeigen sich schon jetzt vom Abstimmungsausgang unbeeindruckt. Sie sagen: «Das Wagenleben in Bern wird weiter gehen. So oder so.»