Für viele Gymnasiasten und Lehrlinge ist die letzte Woche vor den Sommerferien bedeutend: Spätestens dann werden sie erfahren, ob sie die Lehrabschlussprüfung oder die Matura geschafft haben.
Auf 240 Lehrlinge und 34 Maturanden haben die Prüfungsexperten in diesem Jahr besonders Rücksicht nehmen müssen: Es sind Schülerinnen und Schüler, die den sogenannten Nachteilsausgleich in Anspruch genommen haben.
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Für den stellvertretenden Direktor der gewerblich-industriellen Berufsfachschule Bern (GiBB), Daniel Hurter, ist der Nachteilsausgleich für viele seiner Schüler eine Chance: «Es ist wichtig, dass der Staat diese Möglichkeit vorsieht. Die Jugendlichen lernen so, bei sich selber genau hinzuschauen und Hilfe anzunehmen, um an ihren Beeinträchtigungen zu arbeiten.» Dies sei als Vorinvestition zu betrachten, damit diese Schüler später nicht als Sozialfälle dem Staat auf der Tasche liegen würden.
Doch nicht alle freuen sich über die Möglichkeit des Nachteilsausgleichs. Für Jürg Schmid, Präsident der bernischen Maturitätskommission, stellt sich vor allem eine Frage: «Wann wird der Nachteilsausgleich am Ende zu einer Vorteilsgewährung?».
Die Maturitätskommission sieht sich denn auch mit den unterschiedlichsten Forderungen bezüglich Nachteilsausgleich konfrontiert: Es gäbe Schüler und Therapeuten, die extensive Forderungen bezüglich Anpassung der Prüfungssituation stellen würden und solche, die nur Minimalanpassungen wünschten. «Beides ist wahrscheinlich nicht gerecht», meint Schmid.
Es ist wichtig, dass es diese Möglichkeit gibt.
Auch auf der Volksschulstufe beschäftigen sich Lehrpersonen stark mit der Frage nach Gerechtigkeit. Der Nachteilsausgleich komme vor allem Kindern aus gut gebildetem Elternhaus zugute, kritisiert etwa Schulleiter und SP-Grossrat Roland Näf. Gebildete Eltern seien sensibilisierter, was die Entwicklung ihres Kindes angehe. Der gut gemeinte Nachteilsausgleich schaffe damit Verlierer: Kinder aus bildungsfernen Familien.
(Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 12:03 Uhr/17:30Uhr)