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Kinder basteln zusammen mit Seniorin.
Legende: Antoinette Wohlwend bastelt mit den Kindern im Thuner Kindergarten. Thomas Pressmann/SRF

Bern Freiburg Wallis Kritik an Senioren im Klassenzimmer

Kindergärtnerinnen monieren, dass in ihren Klassen zu viele Erwachsene arbeiten – als Hilfskräfte oder als spezifische Fachleute. Der Einsatz von zahlreichen nicht konstanten Bezugspersonen schaffe viel Unruhe. Die Kindergärtnerinnen fordern deshalb vermehrt den Einsatz von Teamteaching.

Eigentlich ist Kindergärtnerin Brigitta Anliker froh über jede Hilfe an ihrem Kindergarten. Die Kinder – viele davon erst knapp vier Jahre alt – bräuchten sehr oft Unterstützung im Kindergartenalltag.

An ihrem Kindergarten gehen aber nebst einer Hilfskraft und einer Seniorin auch regelmässig eine Lehrerin für fremdsprachige Kinder sowie eine Heilpädagogin ein und aus. «In den letzten Jahren habe ich festgestellt, dass so viele verschiedene Leute vor allem Unruhe schaffen».

So viele verschiedene Leute schaffen viel Unruhe.
Autor: Brigitta Anliker Kindergärtnerin

Gerade jüngere Kinder seien aber auf konstante Beziehungen angewiesen, sagt Anliker. Für sie gibt es deshalb nur eine Lösung dieses Problems: «Wir Kindergärtnerinnen sollten regelmässig zu zweit im Team arbeiten können.»

Dadurch würde sie keine Hilfskräfte mehr brauchen und auch der Einsatz von Fachleuten könnte auf ein Minimum reduziert werden, ist Anliker überzeugt. Support erhält Brigitta Anliker vom Lehrerinnen- und Lehrerverband Bildung Bern. Auch dort ist man der Ansicht, dass der Einsatz der Hilfskräfte zugunsten von Teamteaching aufgegeben oder zumindest reduziert werden sollte.

Insbesondere hegt der Verband die Befürchtung, dass sich «immer mehr unprofessionelle Leute in die Schule schleichen», sagt Erika Reichenbach vom Lehrerverband.

Wir wollen den Lehrerberuf nicht aushöhlen.
Autor: Erwin Sommer Vorsteher Volksschulamt

Offenbar ist der Berufsstolz der Lehrkräfte verletzt. «Die Anforderungen an den Beruf sind gestiegen», stellt Bildungsexperte Etienne Bütikofer fest. Er kann die Kritik an den Hilfskräften verstehen. Doch: «Sie können viel beitragen, die Rahmenbedingungen müssen aber klar sein.» Er ist dagegen, dass die Hilfskräfte finanziell entschädigt werden. «Die Motivation muss im Vordergrund stehen, und nicht das Geld», so Bütikofer.

Immer mehr Klassenhilfen

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Im Schuljahr 2014/15 wurden im Kanton Bern 150 Klassenhilfen für 10‘000 Stunden eingesetzt, im aktuellen Schuljahr geht die Erziehungsdirektion vom Doppelten aus. Immer mehr leisten auch Seniorinnen und Senioren Freiwilligeneinsätze. Ab dem neuen Schuljahr können Schulen zudem Zivildienstleistende als Klassenhilfen im Unterricht einsetzen.

Team-Teaching kostet

Bei der bernischen Erziehungsdirektion teilt man die Befürchtung vor immer mehr nicht qualifizierten Hilfskräften in den Klassenzimmer nicht. «Wir wollen gut ausgebildete Lehrkräfte an unseren Schulen und der Einsatz der Hilfskräfte bedeutet nicht, dass wir den Lehrerberuf aushöhlen wollen», sagt Erwin Sommer, Vorsteher des Amts für Volksschule und Kindergarten.

Der Einsatz von Zweierteams an Klassen sei bereits einmal politisch geprüft, aufgrund der finanziellen Belastung für den Kanton dann aber verworfen worden, so Sommer weiter. Dennoch will die Erziehungsdirektion das Thema nicht ad acta legen.

Sie hat die Schulinspektorate nun damit beauftragt, aufzulisten, wie viele Klassenhilfen, Senioren oder spezifische Fachleute an den einzelnen Kindergärten arbeiten. Mit den gesammelten Daten sollen Berechnungen angestellt werden, inwiefern sich mit Teamteaching Ressourcen einsparen liessen.

(Regionaljournal Bern Freiburg Wallis; 3.2.2016, 17:30 Uhr/Regional-Diagonal; 13.2.2016, 12:03 Uhr)

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