Autos kämpfen sich an diesem Nachmittag in Spiez die steile Strasse vom See ins Zentrum hoch. Dort hat es verschiedene Geschäfte, Apotheken, einen Bücherladen - und einen kleinen Coop. Die Leute aus der Region kaufen hier ein, doch es locken immer mehr die grossen Einkaufszentren ausserhalb des Ortskerns. Gemeindepräsident Franz Arnold befürchtet, dass diese Konkurrenz zu gross wird, die Läden langsam verschwinden und das Zentrum von Spiez ausstirbt: «Damit würde das Sozialleben aus dem Ortszentrum verschwinden.»
In Spiez geht die Befürchtung um, dass der Grossverteiler sich vergrössern will und aus dem Zentrum zieht. Über 70 Prozent der Lebensmittel werden in Grossverteilern eingekauft - als Einkaufs-Magnet bringen sie den kleineren Läden Laufkundschaft.
Das lokale Gewerbe muss umdenken.
Raumplaner Lukas Bühlmann fordert vom lokalen Gewerbe ein Umdenken. «Grossverteiler sind nicht zwingend Konkurrenten – sondern bringen den Geschäften in der Nachbarschaft auch Kunden.» Statt die Präsenz von Grossverteilern in der Ortschaft wie bisher zu bekämpfen, müssten die Spiezer diesen Raum geben zu wachsen, zu investieren.
Dieser Gesinnungswandel hat in Spiez erst begonnen. Einen Schritt weiter ist Aarberg im Berner Seeland. In der Altstadt säumen Häuserzeilen aus dem 15. Jahrhundert den grossen Stadtplatz. In der Mitte plätschert ein Brunnen. Vor ein paar Jahren wollte Coop ein grosses Einkaufszentrum gleich neben dem Stedtli bauen. Die Geschäfte wehrten sich - aus Angst vor der Konkurrenz. Auf Rat von Experten holte die Gemeinde alle Betroffenen an einen runden Tisch. Es gab viele Gespräche, erinnert sich Gemeindepräsident Fritz Affolter: «Wir konnten bei den Geschäftsbesitzern einen Gesinnungswandel erreichen.» Sie hätten die Chancen erkannt und gepackt.
Migros und Coop in der Verantwortung
Auch Migros will nach Aarberg kommen - die Gemeinde hilft bei der Standortsuche und will dafür sorgen, dass der Grossverteiler so nahe wie möglich ans historische Stedtli kommt. Coop und Migros tragen entscheidend zum Überleben der Ortskerne bei. Markus Neukomm ist beim Migros-Genossenschaftsbund für Planungsfragen zuständig. Der Verantwortung sei man sich bewusst: «Aber wir sind auch auf gute Rahmenbedingungen angewiesen». Will unter anderem heissen: Gute Erreichbarkeit und genügend Platz.
(Echo der Zeit, 13.1.2016, 18:00 Uhr)