Philippe Perrenoud erklärte seinen Rücktritt am Dienstag gegen Mittag mit dem Bedürfnis, seinem Leben «eine existenziell neue Richtung und Neuorientierung zu geben». Der Entschluss sei gereift anlässlich seines 60. Geburtstags. Er habe sich in den 10 Jahren seiner Regierungstätigkeit seiner Familie, seinen Freunden und seiner bernjurassischen Heimat entfremdet. Da wolle er entschleunigen und die Prioritäten fundamental neu setzen.
Das Wichtigste in Kürze:
- Philippe Perrenoud tritt gemeinsam mit Andreas Rickenbacher Ende Juni 2016 zurück.
- Der Sozialdemokrat ist seit 2006 der Vertreter des Berner Juras in der bernischen Regierung. Seine Wahl trug zur links-grünen Regierungsmehrheit bei - im bürgerlich geprägten Kanton Bern.
- Nachdem auch Volkswirtschaftsdirektor Andreas Rickenbacher Mitte August seinen Rücktritt angekündigt hat, kommt es in der bernischen Regierung zu einer Doppelvakanz.
Philippe Perrenoud hat im März seinen 60. Geburtstag gefeiert. Er besuchte in Biel die Schulen und studierte in Bern und Basel Medizin. Danach spezialisierte er sich in Psychiatrie und Psychotherapie. Seiner Ausbildung blieb er ein Leben lang treu: Er arbeitete an der Psychiatrischen Klinik Bellelay, am Regionalspital Delémont für die psychiatrischen Dienste des Berner Juras, im Spitalzentrum Biel und Tavannes und wurde später zum Direktor der psychiatrischen Klinik Bellelay sowie der Psychiatrischen Dienste Biel-Seeland-Berner Jura berufen.
Perrenouds politische Karriere
- Seit 1997 ist er Mitglied der SP
- 1998 bis 1999 gehörte er dem bernischen Kantonsparlament an. Nach nur einem Jahr musste er zurücktreten, weil der Direktor der Klinik Bellelay wurde. Der Direktorenposten und sein Amt waren nicht miteinander vereinbar.
- 2001 bis 2006 Mitglied der interjurassischen Versammlung AIJ
- Seit 2006 Gesundheits- und Fürsorgedirektor in der Berner Kantonsregierung
- Bei den Wahlen 2014 wurde Philippe Perrenoud nur wegen der Jura-Spezialregelung wiedergewählt (Stimmen aus dem Jura zählen mehr als Stimmen aus dem deutschsprachigen Kantonsteil).
- Seit 2014 ist er Präsident der Schweizerischen Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK)
Als Gesundheits- und Fürsorgedirektor stand Philippe Perrenoud regelmässig in der Kritik. So zum Beispiel wegen der Spitalliste, dem Spitalversorgungsgesetz oder wegen des Spitalfonds. Auch beim Kantonsarzt hatte Perrenoud keine glückliche Hand, denn dieser verfügte über keine Berufsausübungsbewilligung. Und auch bei den Universitären Psychiatrischen Diensten (UPD) jagte eine Krise die andere: Zu erst eskalierte die Entlassung des UPD-Psychiatrieprofessors, dann musste auch die UPD-Chefin ihren Posten räumen.
Ein Stehaufmann
Dem Gesundheits- und Fürsorgedirektor wurde besonders aus bürgerlichen Kreisen eine eklatante Führungsschwäche vorgeworfen. Er lasse die Dinge oft schlittern und kommuniziere aus der Defensive.
Trotz der Knüppel, die ihm von verschiedenen Seiten zwischen die Beine geworfen wurden, stand Philippe Perrenoud immer wieder auf und kämpfte beherzt im Parlament und in der Öffentlichkeit für seine Anliegen.
Die Ersatzwahl für Andreas Rickenbacher und Philippe Perrenoud ist am 28. Februar 2016.