Die Geschichte könnte sich in irgendeiner Gemeinde zugetragen haben: Aarberg beauftragte während des Bieler 100-Kilometer-Laufs 2015, die Firma Broncos-Security AG, für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Und so kontrollierte eine Broncos-Patrouille im öffentlichen Raum bei einer Gruppe Jugendlicher einen Ausweis und fotografierte diesen.
Für die Eltern ein klarer Fall von Amtsanmassung. Eine Personenkontrolle dürfe nur die Polizei vornehmen, so der Vorwurf. Das war auch für die Staatsanwaltschaft klar, die den Sicherheitsmann per Strafbefehl verurteilt hat. Doch dieser Sicherheitsmann erhob Einsprache. Damit hatte sich das Regionalgericht Berner Jura-Seeland in Biel damit zu befassen.
Freispruch vor dem Gericht
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Die Gerichtspräsidentin kam nun zu einem anderen Schluss als die Staatsanwaltschaft. Der Mann habe seine Kompetenz objektiv zwar überschritten. Aber er habe genau den Auftrag erledigt, den die Gemeinde Aarberg der Sicherheitsfirma erteilt hatte – inklusive Personenkontrollen. Somit treffe ihn subjektiv keine Schuld. Die Folge: Freispruch vom Vorwurf der Amtsanmassung.
Heikel und ungeklärt
Die Gerichtspräsidentin machte allerdings auch keinen Hehl daraus, dass es grundsätzlich sehr heikel sei, wenn Gemeinden Polizeiaufgaben an Private delegieren – und dadurch das sogenannte Gewalt-Monopol des Staates strapaziert und unterwandert werde. «Sehr heikel und nicht geklärt», so ihr Fazit.
So sehen es auch die beiden Anwälte der Parteien und die Präsidentin der Berner Sektion des Schweizerischen Polizeibeamtenverbandes, Aliki Panayides: «Das muss nun geklärt werden. Wir werden politisch weiterarbeiten, damit solche Fälle nicht mehr vorkommen.»
Dass nach diesem Urteil Druck auf die Gemeinden zukommt, wie sie ihre Leistungsaufträge im Bereich Sicherheit ausgestalten, ist auch für Daniel Bichsel klar, dem Präsidenten des bernischen Gemeindeverbandes VBG: «Das Urteil deckt sich mit unserer Forderung, dass diese Kompetenzen geregelt werden müssen, und zwar bei der Revision des bernischen Polizeigesetzes.»
Beim Gemeindeverband gibt es auch viel Verständnis dafür, dass die Gemeinden die Möglichkeit haben wollen, gewisse Rechte privaten Sicherheitsfirmen zu delegieren. Die Kantonspolizei habe nämlich gar nicht die Kapazität, alle Bedürfnisse und Aufträge abzudecken.
Offen ist vorläufig, ob die Parteien oder die Staatsanwaltschaft dieses Bieler Urteil ans bernische Obergericht weiterziehen. Es wäre ein Weg, ein grundsätzliches Problem einer höheren gerichtlichen Beurteilung zuzuführen.