Das Haus am Waisenhausplatz 30 in Bern hat eine bewegte Geschichte: 1885 als Gymnasium eingeweiht, war es bis 2004 Schulhaus - unter anderem für die Töchterhandelsschule Bern und früher für das Progymnasium, im Volksmund «Proger» genannt.
Anschliessend war seine Umnutzung in ein Museum für Gegenwartskunst geplant. Während der Projektierungsphase wurde das Haus im Sinne einer Zwischennutzung von Künstlerinnen und Künstlern als Arbeits- und Kunstraum genutzt. Als das Projekt für das Museum für Gegenwartskunst scheiterte, war der Weg frei für die definitive Nutzung als Haus für Künstlerinnen und Künstler.
Ein Atelierhaus und Begegnungsort
Heute ist der «Progr» ein Atelierhaus und Begegnungsort im Zentrum der Stadt Bern. Mehr als 150 Künstlerinnen und Künstler produzieren Kunst in 70 Räumen. Platz haben aber auch Kulturinstitutionen, Veranstalter und Galerien. Und es gibt öffentliche Kulturräume und zwei Gastrobetriebe.
Nachdem die Stimmberechtigten der Stadt Bern in der Volksabstimmung dem Projekt Kulturhaus zugestimmt hatten, übernahm die Stiftung Progr die Verantwortung und setzte Susanne Ammann als administrative Leiterin ein. Die Aufbauphase werde im Verlauf des nächsten Jahres abgeschlossen, vermeldete die Stiftung unlängst.
Loslassen - und dem Kind Mut wünschen
Susanne Ammann wird die Verantwortung bald abgeben. «Die Aufbauarbeit war ein Traumjob», sagt Susanne Amman im Gespräch mit dem «Regionaljournal Bern Freiburg Wallis» von Radio SRF. Jetzt aber werde es massive Veränderungen geben, die sie der neuen Leitung überlassen wolle. Sie gibt auch der Hoffnung Ausdruck, die Mieterinnen und Mieter würden die gute Basis nutzen, um etwas mutiger nach aussen zu treten.
Stiftungsratspräsident und Musiker Matthias Kuhn seinerseits betont, auch der Stiftungsrat wolle sich aus der operativen Verantwortung zurückziehen. Der «Progr» habe so viele Eltern wie kein anderes Kind auf der Welt, sagt Kuhn, deshalb sei das Loslassen für ihn und seine Kolleginnen und Kollegen auch verbunden mit Erleichterung. Matthias Kuhn ist auch stolz, dass die Rechnung aufgeht und sich das Haus aus den Mietzinseinnahmen finanziert. «Als Institution brauchen wir keine Kultursubventionen. Diese fliessen direkt in die Kunst - so wie es sein muss.»