Auch über 80-Jährige können mit einer guten Unterstützung noch einige Jahre zuhause bleiben und müssten nicht in ein Altersheim gehen. Dazu braucht es aber mehr entsprechende Angebote.
Ein Modell, das in der Stadt St. Gallen und in der Zentralschweiz seit rund einem Jahr läuft, ist das der Zeitvorsorge. Leute, die älteren Menschen helfen - beim Einkaufen, beim Bepflanzen des Balkons oder beim Spazierengehen mit dem Hund - erhalten Zeit auf ein Konto gutgeschrieben. Benötigen sie später selber Hilfe, können sie diese Zeit wieder beziehen.
Öffentliche Hand oder Genossenschaft
In St. Gallen wurde das Zeitvorsorge-Modell auf Gemeindeebene eingeführt. Die Stadt hat einen Fonds eingerichtet. Gibt es das Modell später nicht mehr, kann die Zeit auch über Spitex-Leistungen bezogen werden. In der Zentralschweiz wurden verschiedene Genossenschaften gegründet. Dahinter steht der Verein Kiss - keep it small and simple. Regula Schärli, Geschäftsführerin Kiss Luzern, sagt, es gebe keine Absicherung, aber: «Wir sind ja alle Genossenschafter. Ich bin deshalb zuversichtlich, dass das Zeitvorsorge-Modell weiterlebt und ich im Alter meine Zeit beziehen kann.»
Nachbarschaftshilfe und familiäre Betreuung
In den Parlamenten von Stadt und Kanton Bern sind verschiedene Vorstösse zum Zeitvorsorge-Modell hängig. Nicole Stutzmann, Bereichsleiterin Alter der Stadt Bern, hat sich über das Modell informiert. Sie glaubt aber, dass die Nachbarschaftshilfe auch ohne Konto funktionieren kann. Die Stadt lanciert deshalb in einem Quartier ein Projekt, um die Nachbarschaftshilfe zu stärken.
Beim Kanton fehlen laut Andrea Hornung, Abteilungsleiterin Alter, die Ressourcen für eine vertiefte Abklärung, ob das Zeitvorsorge-Modell eingeführt werden könnte. Sie setze eher auf die Angehörigen, sagt Hornung. «Wir unterstützen die Angehörigen und Angebote, die sie entlasten - zum Beispiel Tagesstätten.» Das Zeitvorsorge-Modell sei eher eine Konkurrenz zu den bereits bestehenden Angeboten durch Freiwillige.
(Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr)