Bei der Meldestelle für Missstände können sich Leute aus der Verwaltung melden, die ein Problem bei ihrer Arbeit oder mit ihrem Chef haben, aber dabei auf absolute Anonymität und Diskretion angewiesen sind. Das führt bei dieser Stelle in der Finanzkontrolle zu einer Gratwanderung.
Diskretion ist oberstes Gebot.
So handelt die Finanzkontrolle ihre Meldestelle im Tätigkeitsbericht 2015 mit lediglich sechseinhalb unverbindlichen Zeilen ab. Keine Hinweise, aus welchen Direktionen die Klagen kommen.
«Diskretion ist oberstes Gebot», sagt Thomas Remund, der Leiter der bernischen Finanzkontrolle. Und erklärt damit, warum er zum Thema Whistleblowing eigentlich schweigen muss.
Die Whistleblower haben keinen Anspruch auf eine Untersuchung.
Was geschieht, nachdem jemand bei der Meldestelle vorgesprochen hat, liegt in der Entscheidung eines Zweierteams, sagt Thomas Remund. «Wir überprüfen jeden Fall. Und nur wir entscheiden, ob daraus etwas wird oder nicht.» Und wenn es zu einer Intervention komme, dann gehe es nur um die Sache. Da spiele es keine Rolle, ob der Ursprung bei einem gegen aussen anonymen Whistleblower liege oder bei eigenen Untersuchungen der Finanzkontrolle.
Bisher kein Fall von Missbrauch und Verleumdung
Seit dem 1. September 2014 sind der bernischen Meldestelle etwa 20 Missstände gemeldet worden. Das sei etwa, was man erwartet habe, so der Leiter der Finanzkontrolle. «Dabei war kein Fall, bei dem jemand direkt angeschwärzt wurde und seine Reputation Schaden genommen hätte», bilanziert Thomas Remund.
Zu diesen Themen haben Remund und sein Team Meldungen bekommen:
- Beschaffungswesen - Interessenkonflikte
- nicht sparsamer Umgang mit Steuergeldern, also ineffiziente Abläufe in der Verwaltung
- Mobbing oder Führungsprobleme
Whistleblowing kann sich nicht erklären
Das Instrument des Whistleblowings hat einen zwiespältigen Ruf. Für die einen sind Whistleblower schlicht Denunzianten, die im Verborgenen wirken. Für andere ist die Meldestelle der einzige Weg, einen Misstand ans Licht zu bringen, ohne persönlich unter Druck zu kommen. Dieser unvermeidbare Zwiespalt ist Thomas Remund durchaus bekannt.
«Das ist unser Problem. Wir können die positiven Wirkungen der Meldestelle nicht erklären, weil wir damit die Anonymität verletzten, die diese Meldestelle ausmacht», bringt es Thomas Remund auf den Punkt. «So bleiben in der öffentlichen Wahrnehmung nur die negativen Seiten des Whistleblowings.»
Unsere Vision: Dass es die Stelle nicht mehr braucht.
Immerhin geht Remund davon aus, dass die Existenz dieser Meldestelle Wirkung erzeugt: «Wenn alle wissen, dass 15'000 Augenpaare darauf achten, dass es in der Verwaltung korrekt abläuft, dann hat das sicherlich Signalwirkung». Für ihn wäre es wunderbar, wenn es die Anlaufstelle für Whistleblower in der Berner Kantonsverwaltung einst gar nicht mehr bräuchte.