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Die bernische Sozialamtschefin Regula Unteregger und ihr Stellvertreter André Gattlen am Referententisch.
Legende: Die bernische Sozialamtschefin Regula Unteregger und ihr Stellvertreter André Gattlen präsentieren ein heisses Papier. SRF

Bern Freiburg Wallis Zuckerbrot und Peitsche: Die «Kosten-Hitparade» der Sozialdienste

Das bernische Sozialamt hat ein brisantes Papier veröffentlicht: die Aufstellung, wie die 68 Sozialdienste im Kanton die Kosten im Griff haben. Es gibt Ausreisser nach oben und nach unten. Und damit erstmals 1,6 Millionen Bonus für 14 Gemeinden und 380'000 Franken Malus für drei Sozialdienste.

Wer im Sozialbereich günstig arbeitet, der kann sich einen Bonus verdienen. Wer zu grosszügig oder zu wenig effizient ist, muss einen Malus zurückbezahlen. Dieses Anreiz-System kennt der Kanton in seiner Gesetzgebung und wendet es nun erstmals an. Es ist kein Abbild der Sozial-Qualität - sondern ausschliesslich der Kosten. «Damit haben wir völlige Transparenz. Und das Bewusstsein für einen effizienten Umgang mit dem Geld nimmt merklich zu», so das Fazit der bernischen Sozialamts-Vorsteherin Regula Unteregger.

Sozko

Der Vergleich der 68 Sozialdienste zeigt nun: 14 Gemeinden arbeiten 30 Prozent und mehr günstiger als der Durchschnittswert und kassieren deshalb eine Belohnung von 1,6 Millionen Franken. 51 Gemeinden sind in der Bandbreite zwischen 70 und 130 Prozent des Referenzwerts und haben ihre Sozialkosten somit im Griff. 3 Sozialdienste mit 6 Gemeinden aber sind zu teuer, müssen einen Malus von 380'000 Franken in Kauf nehmen und bei ihrem Kostenmanagement und der Organisation reagieren.

Nicht Äpfel und Birnen vergleichen

Gemessen werden ausschliesslich die Kosten, die die Sozialdienste überhaupt selber beeinflussen können. Das wird an vier Kriterien gemessen, nämlich die Anzahl der Ausländer, der Bezüger von Ergänzungsleistungen, der Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen sowie des Leerwohnungsbestandes. «Damit können wir 80 Prozent der Sozialkosten abbilden und erklären. Das ist eine wissenschaftliche Zahl, keine politische», sagt André Gattlen, der stellvertretende Leiter des bernischen Sozialamtes.

Diese Kriterien führen denn auch dazu, dass Biel mit seinen sehr hohen Sozialkosten nicht mit einem Malus bestraft wird. «Es ist eine Messlatte, die zwar für alle gilt. Aber sie berücksichtigt die ganz unterschiedlichen Verhältnisse der Gemeinden», erläutert Sozialamtschefin Regula Unteregger.

Der Druck auf die Sozialdienste nimmt zu

Diese Hitparade der Kosten-Effizienz im Sozialbereich setze die Gemeinden und ihre Sozialdienste stark unter Druck, ist Regula Unteregger überzeugt. Allerdings kann der Kanton noch nicht erklären, weshalb die Gemeinde Saanen 78 Prozent unter dem Durchschnittswert liegt und die Malus-Gemeinden deutlich über 130 Prozent.

Die Berner Fachhochschule soll jetzt helfen, dieses Rätsel zu lösen. Und die Fachhochschule soll auch jenen Gemeinden beistehen, die bei ihrer Organisation nachbessern müssen. «Wir rechnen damit, dass bei den individuellen Kosten, bei den Rückforderungen von Geld und bei der Organisation noch Potenzial drinsteckt», so die Einschätzung der kantonalen Sozialbehörde.

Beschwerden sind absehbar

Ob die sechs Gemeinden, die nun mit einem Malus von 380'000 Franken abgestraft werden, dies auch akzeptieren, ist sehr ungewiss. «Das System passt auf uns einfach nicht», sagt Margrit Junker, die Lysser Sozialdirektorin. Der Regionale Sozialdienst Lyss mit seinen vier Gemeinden, Heimberg und Pieterlen haben in einer ersten Reaktion in Aussicht gestellt, dass sie den Malus-Entscheid anfechten.

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