Mehr als drei Jahre nach einer Protestaktion der Organisation Greenpeace auf dem Gelände des AKW Beznau sind zwei beteiligte Aktivisten zu einer unbedingten Geldstrafe verurteilt worden. Sie hatten bei der Aktion auch Löcher ins Sicherheitsgebäude gebohrt.
Das Bezirksgericht Zurzach verurteilte am Mittwoch die beiden Aktivisten einzig wegen Hausfriedensbruchs. Ein 49-jähriger Schweizer kassierte eine unbedingte Geldstrafe von 80 Tagen zu 70 Franken und ein 32-jähriger Schweizer eine unbedingte Geldstrafe von 60 Tagen zu 50 Franken.
Der Gerichtspräsident sprach die beiden Männer vom Vorwurf frei, mit ihrer Aktion gegen das Kernenergiegesetz verstossen zu haben. Das Verfahren wegen Sachbeschädigung wurde eingestellt. Früher bedingt ausgesprochene Geldstrafen gegen die beiden wurden gleichzeitig widerrufen. Die müssen also auch diese Geldstrafen bezahlen.
Die Aktivisten hatten bei der Aktion für die Stahlanker 15 Löcher in die Betonhülle des Sicherheitsgebäudes des AKW Beznau II gebohrt. Die Löcher mit einem Durchmesser von 8 Millimetern auf einer Höhe von rund 15 Metern waren 6 bis 8 Zentimeter tief.
«Keine Gefährdung der nuklearen Sicherheit»
Der Gerichtspräsident begründete den Freispruch damit, dass die nukleare Sicherheit der Anlage wegen der Bohrlöcher nicht beeinträchtigt gewesen sei. Daher sei die Voraussetzung für eine Verurteilung gemäss Kernenergiegesetz nicht gegeben.
Er stützte sich dabei auch eine Feststellung der Atomaufsicht ENSI.Beim 32-jährigen Verurteilten handelt es sich um Marco Weber, der nach einer Greenpeace-Aktion im Barentsee 2013 in einem russischen Gefängnis gesessen war. Der Fall erregte in der Schweiz grosses Aufsehen.
Weber sagte vor Gericht, es sei wichtig, für Sachen aufzustehen, die einem wichtig seien. Ein anhaltender Protest könne zu einer besseren Sache führen.
Auch der zweite Angeklagte sagte vor Gericht, es brauche manchmal ein rechtswidriges Vorgehen. Er habe bislang strafrechtliche Konsequenzen von Aktionen in Kauf genommen. Er gestand, die Bohrlöcher gemacht zu haben.
Verteidigung setzt sich durch
Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach hatte für die beiden Männer eine unbedingte Geldstrafe von je 150 Tagessätzen gefordert. Der Staatsanwalt war an der Verhandlung am Mittwoch nicht anwesend.
Die Verteidiger der beiden Angeklagten anerkannten nur die Anklage wegen Hausfriedensbruchs. Sie plädierten für eine Geldstrafe von je 30 Tagessätzen. Es könne kein Vergehen gegen das Kernenergiegesetz geltend gemacht werden.
Es habe keine Gefährdung bestanden. Die Löcher in der 90 Zentimeter dicken Wand seien einfach wieder verspachtelt worden. Auch der Vorwurf der Sachbeschädigung wurde zurückgewiesen.
Weitere 66 Teilnehmer der Aktion auf dem Beznauer AKW-Gelände waren von der Staatsanwaltschaft zu bedingten Geldstrafen in Höhe von 30 bis 90 Tagessätzen verurteilt worden. Sie zogen ihre Einsprachen gegen Strafbefehle im April 2015 zurück. Die Strafen sind daher rechtskräftig.
Axpo auf Zivilweg verwiesen
Der Energiekonzern Axpo als Betreiber des AKW Beznau in Döttingen AG hatte nach dem Protest auf dem Gelände im März 2014 Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung gestellt.
Vor Gericht forderte Axpo eine Sach- und Aufwandentschädigung von rund 120'000 Franken. Die Verteidiger lehnten diese Forderung bis auf 693 Franken ab. So viel hatte die Beseitigung der Bohrlöcher gekostet.
Der Gerichtspräsident verwies die Forderungen der Axpo auf den Zivilweg. Die zusätzlichen Kosten seien nicht genügend begründet.
Protestaktion am frühen Morgen
In einer koordinierten Aktion hatten am Morgen des 5. März 2014 kurz vor 7 Uhr insgesamt 58 Greenpeace-Aktivisten das AKW-Gelände gestürmt. Einzelne Personen bestiegen des Gebäude des Reaktors II.
Am Sicherheitsgebäude und am Portalkran wurden Transparente angebracht. Weitere Aktivisten zerschnitten den Stacheldraht und gelangten mit mitgebrachten Leitern ins Sicherungsareal. Die Betriebswache des AKW Beznau konnte nur einige wenige Personen stoppen.
Rund 40 Personen hatten das Gelände nach Polizeikontrollen bis am Nachmittag verlassen. Weitere Aktivisten, die sich zum Teil mehrere Meter über Boden angeseilt an Gebäuden und auf Dächern befunden hatten, stiegen am Nachmittag auf Anordnung der Polizei herunter.