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Bondo – ein Jahr danach «Wir wollen nur so viel sammeln, wie wir auch einsetzen können»

Ein Jahr nach dem grossen Bergsturz im bündnerischen Südtal Bergell, im Dorf Bondo, ist dort die Situation erneut angespannt. Der Fels am Piz Cengalo bewegt sich wieder. Die Menschen fürchten sich vor neuen Schäden.

Fast 6 Millionen Franken hat die Glückskette bislang für Bondo gesammelt. Davon ausgegeben wurden jedoch erst gut 200’000 Franken. Warum es keinen Spendentag gab und wofür die Gelder ausgegeben wurden, erklärt die Sprecherin der Glückskette Daniela Toupane.

SRF News: Für Bondo wurde auf einen Sammeltag verzichtet, warum?

Daniela Toupane: Aus Erfahrung wissen wir, dass die Schweizer Bevölkerung extrem solidarisch ist mit Opfern im eigenen Land. Das heisst, wenn wir einen Sammeltag gemacht hätten, wäre eine unglaubliche Summe an Spendengeldern zusammengekommen. Wir möchten aber eigentlich immer nur so viele Spendengelder sammeln, wie wir dann auch da einsetzen können, wofür sie gespendet wurden. Im Fall von Bondo sind es die Kosten, die dort entstanden sind. Wir hatten noch mit der Hilfe der Schweiz Geld einem sogenannten permanenten Fond. Am Anfang sah es so aus, als würde dieses Geld ausreichen. Deshalb haben wir zu Beginn nicht sofort zu Spenden aufgerufen und dann in einem zweiten Schritt auf einen Sammeltag verzichtet.

Wie viel Geld hat nun die Glückskette bis jetzt für Bondo ausgegeben und wofür konkret?

Bisher ausgegeben haben wir 227’037 Franken. Gerade nach der Katastrophe geht es vor allem darum, dass die Menschen, welche alles verloren haben, sich neue Kleider und neues Mobiliar kaufen können. Viele Leute mussten Mieten bezahlen, weil sie nicht mehr in Bondo in ihren Wohnungen wohnen konnten und in einem anderen Dorf eine Wohnung zumieten mussten. Diese Kosten konnten wir übernehmen. Dann geht es auch um die sogenannten Überbrückungshilfen. Das heisst, dass Betriebe, die während dieser Zeit nicht mehr in ihrem Betrieb arbeiten oder Leistungen erstellen konnten, eine Hilfe erhalten.

Nochmals, fast 6 Millionen gesammelt aber erst gut 200’000 Franken verteilt, warum nicht mehr? Die Schäden in Bondo sind ja riesig, die Gemeinde kann doch das nicht alles selber stemmen.

Absolut, das ist halt unser System in der Schweiz. Mit unseren Versicherungen sind die Leute sehr gut versichert, aber die ganzen Versicherungsabklärungen brauchen ihre Zeit.

Erst wenn die Versicherungen ihre Abschlussrechnungen vorlegen, können wir schauen, wie viel wir an die Kosten leisten können.

Das heisst, es sind noch Gesuche hängig, zum Beispiel von zwei Klein- oder Mittelbetrieben, weil es da einfach ganz viele Unterlagen braucht, die man einreichen muss, und Abklärungen, die von den Versicherungen getroffen werden müssen. Erst wenn die Versicherungen ihre Abschlussrechnungen vorlegen, können wir schauen, wie viel wir an die Kosten leisten können, die noch übrigbleiben, nach dem die Versicherungen ihren Beitrag bezahlt haben.

Das heisst, das kann noch Jahre dauern.

Im Fall der Klein- und Mittelbetriebe wird das sicher in absehbarer Zeit abgeschlossen sein. Aber im Fall von der Gemeinde, geht man davon aus, dass die Projekte frühestens 2023 erledigt sind. Dann können Abschlussrechnungen erstellt werden und auch erst dann kann die Spendenkommission, die darüber wacht, dass die Spendengelder richtig eingesetzt werden, einen Abschlussbericht erstellen und schauen, wo und wie die Spendengelder richtig eingesetzt werden können.

Die Schweizer Bevölkerung hat für Bondo enorm viel gespendet, dürfen diese Millionen eigentlich nur für Bondo verwendet werden?

Grundsätzlich ist es bei der Glückskette so, dass Spendengelder zweckbestimmt sind. Das heisst, wir dürfen Spenden nur dafür verwenden, wofür sie gespendet wurden. Im Fall von Bondo haben wir aber von Beginn an ganz klar kommuniziert, dass ein allfälliger Überschuss an Spendengelder in unseren permanenten Unwetter-Fond fliessen wird. Dabei handelt es sich um Gelder, die wir nicht in Bondo einsetzen können, weil die Schäden nicht so hoch sind wie angenommen oder wie es das Ausmass der Spenden vermuten lässt. Mit dem Fond können wir dann wieder spontan auf andere Unwetterschäden reagieren. Ich denke, das ist auch im Sinn der Spender.

Das Gespräch führte Peter Maurer.

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