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Boom-Gemeinde im Raum Basel «Ich habe nicht mit einem ablehnenden Entscheid gerechnet»

Das Untere Fricktal wächst und wächst. Die Region profitiert von der Nähe zu Basel und profiliert sich als Wohn- und Industriestandort. Die Stadt Rheinfelden und die Gemeinde Möhlin zählen zusammen bereits heute rund 25'000 Einwohner. In den nächsten Jahren könnten es noch mehr werden. Zudem möchten die Gemeinden zum Standort einer Kantonsschule werden.

Doch nun wurde ein ambitiöses Projekt von der Gemeindeversammlung in Möhlin gestoppt. Nördlich des Bahnhofs von Möhlin, an der Gemeindegrenze zu Rheinfelden, hätte ein riesiges Areal überbaut werden sollen. Dazu hätten rund 12 Hektaren Landwirtschaftsland als Bauland eingezont werden müssen.

Luftaufnahme Bahnhof Möhlin, nördlich ein grosses Grüngebiet, dann Rheinsalinen
Legende: Die gesamte Planungszone umfasst auch eine Kiesgrube, umstritten ist vor allem die Umzonung des Gebiets vorne rechts. zvg

Diesen Plänen hat die Gemeindeversammlung von Möhlin einen Riegel geschoben. Nach einer 90-minütigen, emotionalen Debatte stimmten 133 der Anwesenden für eine sogenannte Testplanung, 147 stimmten aber dagegen. Die Gemeindeversammlung von Rheinfelden stimmte der Testplanung dagegen mit grossem Mehr zu.

Trotzdem neue Häuser, aber keine Kanti

Fredy Böni, Gemeindeammann von Möhlin, spricht am Tag nach der Versammlung von einer Niederlage. Er habe nicht mit einer Ablehnung gerechnet. Ausschlaggebend seien wohl Anträge auf Rückweisung oder Varianten gewesen, welche SP und Grüne gestellt hatten. Diese Anträge seien von der Versammlung abgelehnt worden, die Mehrheit der Mitglieder von SP und Grünen habe dann das Geschäft abgelehnt.

Böni bestätigt den Eindruck, dass Möhlin anscheinend nicht wachsen will. Der Gemeinderat müsse dies zur Kenntnis nehmen. Allerdings steige der Druck weiter. «Wir sind und bleiben Teil der Region Basel Stadt. Viele Personen arbeiten in der Stadt und wohnen bei uns. Der Druck auf die innere Verdichtung wird zunehmen. Dies wird dazu führen, dass die Grundstückpreise weiter steigen.» Es gebe weiter Investoren, welche in Möhlin bauen wollten, so Böni. Das bedeute, dass ältere Häuser abgerissen und durch Neubauten ersetzt würden.

Nach dem Entscheid der Gemeindeversammlung könne nun auch nicht abgeklärt werden, wo eine neue Kantonsschule gebaut werden könnte. «Die erste Analyse ist, dass die Kanti verloren ist», so der Gemeindemann. Möhlin und Rheinfelden wollen nun gemeinsam das weitere Vorgehen besprechen. Möglich ist laut Fredy Böni, dass die Stadt Rheinfelden nun eine eigene Testplanung durchführt.

Platz für 500 Schüler und 2000 Einwohner

Eine Testplanung hätte aufzeigen sollen, wie das Gebiet an der Grenze von Möhlin und Rheinfelden im Grundsatz dereinst aussehen könnte. Auf dem Areal geplant war zum einen eine Kantonsschule für rund 500 Jugendliche. Allerdings ist zurzeit noch offen, ob Möhlin tatsächlich zum Kanti-Standort wird. Auch die Gemeinden Frick und Stein bewerben sich, entscheiden wird der Kanton. Möhlin ist nun aber aus dem Rennen.

Wiese, im Hintergrund Salzlager von Rheinfelden
Legende: Diese Wiese hinter dem Bahnhof, mit Blick auf die Rheinsalinen. Sie hätte ab 2023 schrittweise überbaut werden sollen. SRF

Neben der Schule hätten Wohnungen und Gewerbe auf dem Gebiet zwischen Möhlin und Rheinfelden Platz finden sollen. Bis zu 2000 Menschen hätten dort wohnen können. Dieses erneute Wachstum stiess vor allem in Möhlin auf Widerstand. «Es ist eine grosse Zahl. Allerdings würde sich das Wachstum auf einen sehr langen Zeitraum verteilen», meinte Gemeindeammann Fredy Böni vor der Gemeindeversammlung. «Aktuell wächst Möhlin um rund 80 Personen pro Jahr, das ist gut verkraftbar.»

Zentren müssen wachsen

Zudem sei das Wachstum gewollt, wie der Rheinfelder Stadtammann Franco Mazzi ausführt. «Im kantonalen Richtplan ist dieses Gebiet als Entwicklungsschwerpunkt festgelegt.» Die vom Volk angenommene neue Raumplanung sehe bewusst vor, dass Zentrumsgemeinden wachsen sollen, damit abgelegenere Dörfer ihren ländlichen Charakter wahren könnten.

Die Grünen und auch der Aargauer Bauernverband hatten sich im Vorfeld gegen die Testplanung gewehrt. Vor allem der Verlust an Kulturland wurde beklagt. Auch hier argumentieren die Gemeinderäte mit dem Raumplanungsgesetz. Fredy Böni wies darauf hin, dass in anderen – eher ländlichen – Gemeinden Bauland wieder zu Landwirtschaftsfläche werde. «Insgesamt geht im ganzen Kanton Aargau damit kein Kulturland verloren.»

Regionaljournal Aargau Solothurn, 4.9.2020 ; 

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