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Brienzer Rutsch anno 1912 Wie Brienz mit Gott und Wissenschaft gegen den Berg kämpfte

Das Bündner Dorf Brienz im Albulatal rutscht den Hang hinunter, schon seit über 100 Jahren. Lange waren es einige Zentimeter pro Jahr. Vor etwa zehn Jahren verschärfte sich die Situation.

Aktuell verschiebt sich der Ort einen Meter pro Jahr. Weil der Hang drückt, könnte auch ein Bergsturz drohen. Seit Kurzem gibt es deswegen Evakuationspläne.

Glaube...

Bereits vor über 100 Jahren versuchten die Brienzer den Berg zu stoppen. Eine Massnahme: Auf der grössten Glocke im Kirchturm wurde auf Lateinisch eine Bitte an den Schutzpatron des Dorfes, den heiligen Calixtus, eingraviert: «Calixt, durch deine mächtige Hand halte zurück die schlüpfrigen Felsen und beschütze, o heiliger Patron, diesen Ort.»

glocke
Legende: «Lubrica saxa manu retine caliste potenti! Atque tuere tuum sancte patrone locum», lautet die Inschrift auf der Glocke. SRF / Stefanie Hablützel

Die Glocke stammt aus dem Jahr 1912. Vom Glockenturm geht der Blick direkt an den Brienzer Rutsch, eine mächtige Steinhalde gleich oberhalb des Dorfs. Hermann Bossi ist 78, Sakristan und zählt auch heute noch auf den Schutzpatron: «Für mich ist er immer noch der wichtigste Überwacher des Felsrutsches.»

... und Wissenschaft

Schon damals, als die Glocke gegossen wurde, vertrauten die Brienzer aber nicht nur auf Gott, sondern auch auf die Wissenschaft. 1906/1907 bauten sie oberhalb des Bergrutsches einen Kanal, um das Gelände zu entwässern, und versuchten so den Rutsch zu stabilisieren.

Plan
Legende: Brienzer Rutsch, Entwässerung. Ausgeführte Pläne der Jahre 1906/1907 (Ausschnitt). Staatsarchiv Graubünden

Bis heute aber fehlt das Rezept, wie der Hang gestoppt werden könnte, der seit einigen Jahren schneller rutscht. Aktuell untersuchen Geologen deshalb den Untergrund. Antworten soll es bis in zwei Jahren geben.

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