Eigentlich hätte das Buch an einer Vernissage dem interessierten Publikum vorgestellt werden und so der Verkauf lanciert werden sollen. Die Vernissage fiel wegen der Corona-Massnahmen ins Wasser. Dennoch wurde das Buch publiziert. Nach ein paar Tagen im Online-Handel war klar, die 2000 gedruckten Exemplare reichen nicht. Eine zweite Auflage ist nötig.
Das Buch richtet sich an alle. Wo es Vorurteile gebe, da seien alle betroffen, sagt Mitherausgeberin und SRF-Sportjournalistin Jeannine Borer: «Es macht wütend, wenn man einfach in eine Schublade abgeschoben wird. Begegnungen werden so verunmöglicht.»
Viele Klischees
Das Bild einer lesbischen Frau sei, dass sie männlich daherkomme, mit Holzfällerhemden und kurzen Haaren. «Lesbische Frauen passen in kein Schema. Sie kommen in High Heels und geschminkt daher. Oder dann sportlich und ohne Schminke.» Alles sei möglich, so Borer.
Das Fehlen von Vorbildern wirke sich in der Sozialisation der Mädchen negativ auf deren Entwicklung aus. «Es wäre viel einfacher für viele, wenn sie wüssten; sie sind nicht allein», umschreibt Jeannine Borer das Problem. «Vorbilder geben Orientierung.»
Das Buch beschreibt 28 Lebensgeschichten. Unter anderem jene von Sabina Hafner aus Liestal. In ihrer aktiven Zeit als Bobfahrerin gewann sie Medaillen an Schweizer-, Europa- und Weltmeisterschaften. In ihrem Freundeskreis sei es bekannt gewesen, dass sie lesbisch sei. Dennoch scheute sie sich vor einem Coming-out. «Vermutlich hätte es meinen Sponsoren zwar nichts ausgemacht. Ich fürchtete mich aber vor einem Coming-out, da sie eventuell Kunden verloren hätten.»
Das Buch «Vorbild und Vorurteil» greift ein gesellschaftliches Thema auf, das sich in den letzten Jahren stark verändert hat, glaubt Jeannine Borer. Mit der Publikation erhält die Thematik eine Breite, die sie sich wünscht. Es seien Frauen verschiedenen Alters im Buch porträtiert. Und es seien auch Frauen aus ganz unterschiedlichen Sportarten vertreten. «Wir sind auf einem guten Weg. Und wir sind schon weit gekommen.»
In einer ersten Version des Artikels wurde versäumt, auf Jeannine Borers Tätigkeit bei SRF hinzuweisen.