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Bündner Wirtschaftsentwicklung «Dem negativen einen positiven Alptraum gegenüberstellen»

Einmal mehr zeichnet der Thinktank der Bündner Wirtschaft, das Wirtschaftsforum Graubünden, ein düsteres Bild für die wirtschaftliche Entwicklung im Kanton. Und einmal mehr zeichnet er Zukunftsvisionen. In Chur und Davos sollen die Pendler arbeiten und Geld verdienen, wohnen aber sollen sie in Safien oder im Engadin. Im Gespräch mit SRF News erklärt der Macher des Berichts, Peder Plaz, wie er seine Vision umsetzen will.

Peder Plaz

Geschäftsführer, Think Thank, Wirtschaftsforum Graubünden

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Peder Plaz ist Unternehmensberater. Ein Schwerpunktthema des Betriebsökonomen ist der Bündner Tourismus. Der Savogniner ist Geschäftsführer beim Wirtschaftsforum Graubünden. Für den wirtschaftspolitisch ausgerichteten Thinktank erarbeitet er in regelmässigen Abständen Berichte und mögliche Visionen für die Zukunft des Kantons. Peder Plaz lebt mit seiner Familie im Unterland.

SRF News: Sie nennen ihre Studie Alptraum. Eine bewusste Provokation?

Peder Plaz: Ja, wir provozieren ein wenig. Auch in der Hoffnung, dass unser Bericht gelesen wird. Und es ist so, die letzten 20 Jahre waren wirtschaftlich gesehen wirklich ein Alptraum für Graubünden. Mit unserem Bericht wollen wir dem negativen einen positiven Alptraum gegenüberstellen.

Sie haben den Alptraum erwähnt; beispielsweise den Verlust von Arbeitsplätzen, die Überalterung, die Abwanderung. Wo liegen die Hauptprobleme?

Erstens ist Graubünden verkerstechnisch schlecht an die Metropolitanräume der Schweiz angeschlossen. Dadurch kann der Kanton vom Wachstum in den Wirtschaftszentren nicht profitieren. Zweitens: Weltweit wächst der Tourismus. Die Schweiz und damit auch Graubünden sind aber teuer, wir können also nicht gleichwertig von dieser Entwicklung profitieren.

Kommt hinzu, dass immer weniger Menschen in Graubünden wohnen, arbeiten und damit auch Steuern zahlen. Was heisst das konkret für die Zukunft?

Im Rheintal gibt es eine gewisse Dynamik. Aber in den restlichen Regionen, in den Bergen und damit in den Tourismushochburgen, fehlt die wirtschaftliche Entwicklung. Die Frage stellt sich also: Wie bringt man wieder mehr Erwerbstätige in diese Regionen?

Wie, Herr Plaz?

Kurze Wegstrecken zu den Arbeitszentren im Kanton sind wichtig. Das Rheintal, das Oberengadin und Davos müssen verkehrtechnisch gesehen näher zusammenrücken. Zwischen diesen Arbeitszentren muss man die Verkehrswege verkürzen. Des Weiteren braucht es mehr Krippen, gute Schulen. Steuertechnisch müssen die Gemeinden attraktiv sein. Nur so kann es gelingen, Familien und Menschen anzulocken.

Ihre Vision geht dahin, dass Menschen aus dem Rheintal weiterhin nach Zürich pendeln, Münstertaler im Oberengadin arbeiten und Unterengadiner beispielsweise in Davos. Braucht es dazu neue Tunnels?

Wenn wir die Regionen besser vernetzen wollen, dann müssen wir zwingend über neue Tunnelverbindungen reden. Diese könnten die Regionen näher zusammenbringen. Der Kanton hat auch bereits diverse Tunnelverbindungen geprüft.

Bessere Verkehrsverbindungen in die Zentren, der Tourismus, der sich neu ausrichten muss: Peder Plaz, ist ihr neuer Bericht nicht alter Wein in neuen Schläuchen?

Klar, wenn man Strategien entwickelt, ist immer auch viel Bekanntes dabei. Aber gerade weil es in den letzten zehn Jahren standort- und entwicklungsmässig nicht gut gelaufen ist in Graubünden, muss man jetzt nochmals über Lösungen und mögliche Rezepte nachdenken, auch wenn das mühsam ist.

Das Gespräch führte Silvio Liechti.

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