Hanspeter Trütsch arbeitet seit 16 Jahren in der Bundeshausredaktion des Schweizer Fernsehens. Er ist in der Wandelhalle zuhause und hat schon manchen Parlamentarier kommen und gehen sehen. Dennoch kennt er diese kaum privat. «Es ist eine Geschichte zwischen Nähe und Distanz und mir entspricht die Distanz mehr», meint der Leiter der Bundeshausredaktion. Er bevorzugt ein sachliches Verhältnis zu den Parlamentariern und Parlamentarierinnen. «Sie machen ihren Job und wir unseren. Unsere Aufgabe als Medium ist es, zu dokumentieren, zu analysieren und zu hinterfragen. Ich kenne niemanden privat und es interessiert mich auch nicht», sagt Trütsch und schmunzelt.
«Wirkliche Schlagabtausche finden nicht mehr statt»
Dennoch gibt es Parlamentarier, die bei dem Bundeshaus-Urgestein einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Zu diesen zählt er unter anderen Helmut Hubacher (SP), Edgar Oehler (CVP) oder Franz Jäger (LdU). «Solche «Saftwurzeln», linke wie rechte, vermisse ich heute. Wirkliche Schlagabtausche fehlen mir», erzählt er. Dies liege jedoch vorwiegend daran, dass die freie Debatte praktisch nicht mehr existiere: «Heute ist in Parlamentsdebatten alles viel strukturierter und kontrollierter als früher».
Regelmässig analysiert der 59-Jährige die Live-Übertragung von wichtigen Wahlen und Abstimmungen im Nationalratssaal und Pressekonferenzen aus dem Medienzentrum. Besonders in Erinnerung geblieben sind ihm jedoch vor allem Ereignisse, die für alle Anwesenden im Bundeshaus sehr emotional waren. «Ich denke da zum Beispiel an den 11. September 2001. Damals war das Fernsehstudio über dem Ständeratssaal angesiedelt und noch nicht im Medienzentrum. Die Hektik, die an diesem Tag im Bundeshaus ausbrach, war unglaublich. Wie reagiert eine Regierung wenn so etwas geschieht? Das war die grosse Frage». Dann schildert er die Atmosphäre nach dem Attentat von Zug im selben Jahr: «Das war sehr emotional und ist allen über die Parteigrenzen hinweg ungeheuer eingefahren. Offenbar ist die emotionale Nähe unter den Parlamentariern nach wie vor sehr ausgeprägt».
Ein Haus voller Geheimnisse
Doch nicht nur über die Bundesverwaltung und den Parlamentsbetrieb weiss er Bescheid wie kein anderer, auch das Bundeshaus selbst kennt Hanspeter Trütsch wie seine eigene Hosentasche: Kaum haben wir das historische Gebäude betreten, zeigt er in der Eingangshalle des Parlamentsgebäudes auf die imposante Glaskuppel. Er weist uns auf das Wappen des Kantons Jura hin, welches nicht wie alle anderen Kantonswappen auf der Glaskuppel angebracht ist, sondern daneben. «Der Kanton Jura stiess erst 1978 zur Schweiz. Deshalb hat man das Wappen im Nachhinein noch angebracht», erklärt Trütsch. Und während wir uns etwas verloren in dem riesigen Gebäude bewegen, weiss der alte Hase ganz genau, wo es langgeht.
Trotzdem kann auch er immer wieder Neues entdecken. «Das Bundeshaus ist ein Haus voller Geheimnisse und hat Ecken und Winkel, die auch ich sonst nicht zu sehen bekomme», erzählt Trütsch. «Das ist auch das Spezielle an dieser Sendung. Es werden Orte gezeigt, an die man sonst nicht hingelangt».
Am 5. Dezember, am Tag der Wahl des neuen Bundespräsidenten, ist Hanspeter Trütsch während beinahe sechs Stunden an der Seite von Sabine Dahinden. Bis auf eine Ausnahme: Er wird, wie immer, die Live-Übertragung der Wahl kurz vor 08.00 Uhr auf SF info ansagen und analysieren. Ob «Schweiz aktuell extra» live aus dem Bundeshaus sendet oder nicht, vom «Courant normal» wird dennoch nicht abgewichen.