Wer in den letzten Wochen campieren wollte, hatte keine Wahl: Da die Campingplätze geschlossen waren, mussten Camper in die freie Natur ausweichen. Es überrascht deshalb nicht, dass Gemeinden in der ganzen Schweiz in den letzten Wochen regelrecht überrannt wurden. So auch die Gemeinde Diemtigen im Berner Oberland.
Stress für Birkhühner und Gämsen
«Hier im Diemtigtal gibt es Rehe, Gämse, Hirsche, Steinhühner und Birkhühner», erklärt Wildhüter Rudolf Kunz. Für diese Tiere ist das Campieren in der freien Natur ein Problem: Weil die Störungen immer wieder und vor allem an immer wieder anderen Orten auftreten, finden die Tiere zu wenig Ruhe, so Kunz.
Jetzt findet die Aufzucht statt. Wenn wir die stören, gibt es nächstes Jahr weniger Tiere.
Gerade jetzt im Frühling, wenn die Tiere ihren Nachwuchs aufziehen sollten. Aufgeschreckte Vögel, die am Boden im Dickicht brüten, verlassen ihre Nester, die Eier erkalten oder Räuber wie Füchse fressen den Nachwuchs.
Strategie «sowohl als auch»
Interessiert lauscht Norbert Schmid diesen Infos. Er leitet die Geschäftsstelle Naturpark Diemtigtal und ist für den Tourismus verantwortlich, aber auch dafür, die Naturlandschaft im Tal zu erhalten. Es sei ja eigentlich erfreulich, wenn die Leute ins Diemtigtal kommen, so Schmid. Das Tal sei jedoch auf dem besten Weg dazu, ein Eldorado für Wildcamper zu werden. «Diese Art von Tourismus muss deshalb geregelt werden zugunsten der Natur- und Kulturlandschaft.»
Es ist ja eigentlich erfreulich, dass die Leute zu uns ins Tal kommen.
Aktuell ist Campieren ohne den Landbesitzer oder die Landbesitzerin zu fragen zwar illegal, das Verbot wird aber kaum kontrolliert. Der Naturparkleiter schlägt vor: Mehr Stellplätze anbieten und diese bewirtschaften – auch an schönen Orten – und dafür sonst das Verbot streng durchsetzen. Damit würde die Tier- und Pflanzenwelt geschützt.
Unter anderem über diesen Vorschlag will die Gemeinde noch diesen Monat mit allen Beteiligten, also auch mit den Landbesitzern, an einem runden Tisch diskutieren.
Lösungsansätze werden getestet
Bereits jetzt tut sich aber etwas im Tal: Ein Landbesitzer, der zufällig vorbeikommt, erzählt, dass er einen Platz zur Verfügung stellt und auch einkassiert. Damit werden mehr Stellplätze geschaffen, wo die Camper geordnet bleiben dürfen.
Für den Naturparkdirektor Norbert Schmid ist es ein Schritt in die richtige Richtung: Denn wenn die Störungen immer am gleichen Ort erfolgen, können die Tiere sich darauf einstellen und problemlos damit umgehen. Und auch der Wildhüter Rudolf Kunz stellt fest: «Wir können die Entwicklung nicht aufhalten, aber wir müssen sie kanalisieren.»