An diesem Wochenende finden in über 30 Schweizer Städten und Gemeinden Tanzaufführungen und Tanz-Workshops statt. Zum ersten Mal hat das nationale Tanzfest, das seit 2006 organisiert wird, auch einen Ableger in Thun. Dafür eingesetzt hat sich Lucía Baumgartner. Die Choreografin, Tänzerin und Tanzpädagogin lebt in Bern, hat durch ihre Kindheit aber einen engen Bezug zum Berner Oberland.
SRF: Weshalb haben Sie sich dafür eingesetzt, dass das nationale Tanzfest auch in der Stadt Thun stattfindet?
Lucía Baumgartner: Ich komme aus dem Berner Oberland und hatte immer wieder das Gefühl, in Thun und im Berner Oberland gibt es wenig Tanz. Das heisst, es werden viele Tanzstunden angeboten, aber es hat wenig Tanzaufführungen. Zudem bin ich in der Kulturkommission der Stadt Thun und habe bemerkt, dass es wenig Tanzeingaben gibt. Viele regionale Tanzschaffende arbeiten in einer anderen Schweizer Stadt oder im Ausland.
Sie haben den Tanz während dem Lehrerinnenseminar in Spiez entdeckt. 1999 haben Sie den Master in Choreografie in London abgeschlossen. War es für Sie ein Handicap, dass Sie relativ spät mit professionellen Tanzstunden begonnen haben?
In den Ballett-Stunden war es ein Handicap. Ich war immer wieder in den Anfängerstunden. Beim zeitgenössischen Tanz hingegen nicht. Sicher gehörte ich nicht zu den Jüngsten und mein Körper hatte gewisse Einschränkungen.
Beim Ballet war ich immer wieder in den Anfängerstunden.
Aber eigentlich war mir schon sehr früh klar, dass mich vor allem die Arbeit mit Tänzerinnen und Tänzern fasziniert. Wenn ich eigene Soli gemacht habe, hat mich den Umgang mit Raum und Zeit immer mehr interessiert, als der Kick auf der Bühne. Ich arbeite sehr gerne mit Menschen, die hochmotiviert auf der Bühne stehen und unterstütze sie dabei, Vollgas zu geben.
Andere Choreografinnen suchen die grosse Bühne, sie arbeiten oft mit Laien – etwa mit Schulkindern. Was fasziniert Sie daran?
Für mich sind Körper wie Instrumente. Ich will wissen, was diese Instrumente bieten und was man rausholen kann. Das heisst, wenn ich mit Profis und Laien arbeite, erwarte ich nicht von allen die gleichen Bewegungen.
Ich erwarte nicht von allen die gleichen Bewegungen.
Deshalb gibt es in meinen Projekten wenige Unisonos, also Stellen, wo alle das Gleiche tanzen. Ich setze dieses Mittel höchstens bewusst ein, wenn ich das Gefühl habe, es ist schön, wenn man die Finessen der verschiedenen Menschen auf der Bühne erkennen kann. Also etwa der Unterschied zwischen der Bewegung einer 82-jährigen Frau und einem 12-jährigen Mädchen.
Das Gespräch führte Leonie Marti.