Die Weggiser Firma Thermoplan produziert in normalen Zeiten Kaffeemaschinen – unter anderem für den amerikanischen Starbucks-Konzern. Doch dies sind keine normalen Zeiten. Nach einer Anfrage von Starbucks, ob es wohl möglich sei, auch Beatmungsgeräte zu entwickeln, setzte Geschäftsführer Adrian Steiner seine Mitarbeitenden darauf an. Es hat funktioniert, Thermoplan testet bereits Prototypen an Erste-Hilfe-Puppen.
Motoren, die sonst Kaffee aus einer Starbucks-Maschine pressen, können nun beschädigte Lungen beim Atmen unterstützen. Wie ist die Firma innert kürzester Zeit in branchenfremde Gewässer gesteuert? Im Interview erzählt Geschäftsleiter Adrian Steiner, wie das Unternehmen die «mittelverrückte Idee» umgesetzt hat und welche Perspektiven sie eröffnet.
SRF News: Wie weit sind Sie davon entfernt, die Beatmungsgeräte tatsächlich zu produzieren?
Adrian Steiner: Letzte Woche haben wir einen Prototypen in Betrieb genommen. Er funktioniert sehr stabil und erfüllt auch alle Anforderungen, die es braucht, um einen Patienten beatmen zu können. Das haben uns auch zwei Ärzte bestätigt. Jetzt ist das Gerät auf dem Weg in die USA und dann startet dort der Zertifizierungs-Prozess in einem beschleunigten Verfahren. Andere Firmen hatten die Zulassung innerhalb vier Wochen.
Wie viele dieser Beatmungsgeräte könnten Sie in Weggis herstellen?
Der grosse Vorteil ist, dass 80 Prozent des Geräts aus Kaffeemaschinen-Teilen bestehen. Wir kennen also die Komponenten und können die auch schnell beschaffen. Ende nächster Woche haben wir auch die Infrastruktur, um die Produktion hochzufahren. Wenn man sich nur die Produktionszeit und die Anzahl Mitarbeitende anschaut, könnten wir zwischen 600 und 800 Geräte pro Woche herstellen.
Woher hatten Sie das Wissen, wie man solche Beatmungsgeräte herstellt?
Das kommt vom MIT, einer amerikanischen Universität. Dieses Wissen wurde öffentlich zur Verfügung gestellt. In der Schweiz haben wir dann mit Roche, Medela und verschiedenen Ärzten zusammen gearbeitet.
Hätten Sie jemals geglaubt, dass Sie tatsächlich eines Tages Beatmungsgeräte herstellen?
Vor sechs Monaten wäre die Antwort ein klares Nein gewesen. Doch diese Krise hat eine Dynamik ausgelöst, die etwas praktisch Unmögliches möglich gemacht hat. Dass wir dies hingekriegt haben, macht mich unglaublich stolz.
Falls das Gerät zertifiziert wird: Könnten Sie sich vorstellen, auch nach der Krise noch Beatmungsgeräte herzustellen?
Das stand für uns nie im Vordergrund. Starbucks bat uns als wichtiger Kunde um Hilfe, und wir konnten ihm helfen. Dadurch, dass wir uns so intensiv mit dem Thema beschäftigten, bekamen wir aber auch Freude an der Technologie und der Medtech-Branche. Zum heutigen Zeitpunkt ist es nicht ausgeschlossen, dass Thermoplan in Zukunft ein neues Standbein in der Medizinaltechnik aufbaut. Natürlich sind wir uns bewusst, dass dieses Umsatteln in normalen Zeiten um einiges aufwendiger ist.
Des Gespräch führte Miriam Eisner.