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Corona-Fälle in Berner Club Berner Contact Tracing dauert viel zu lange

450 Personen sind nach einem Clubbesuch in Quarantäne, die Contact Tracer sind am Anschlag. Nun wird Kritik laut.

Mitte Mai war für die Berner Contact Tracer die Welt noch in Ordnung. Damals hiess es, wer in Quarantäne müsse, werde vom Kanton persönlich kontaktiert. Zudem würden die Betroffenen regelmässig angerufen. Auf der einen Seite, um sich nach ihrem Wohlergehen zu erkundigen, auf der anderen Seite, um zu kontrollieren, ob sie sich an die Auflagen der Quarantäne halten.

Contact Tracing läuft nicht rund

Diese Zeiten sind im Kanton Bern vergessen und von den hehren Zielen scheint aktuell nicht mehr viel übrig geblieben zu sein. Dem «Regionaljournal Bern Freiburg Wallis» von Radio SRF sind mehrere Fälle bekannt, bei denen das Contact Tracing alles andere als rund lief.

Nehmen wir das Beispiel von D.* Er war am Samstag vor einer Woche im Berner Club «Kapitel». Also an jenem Abend, an dem auch ein weiterer Gast dabei war, der später positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Am letzten Wochenende, nach Bekanntwerden eines zweiten Falls, liess der Kanton Bern den Club schliessen. Rund 450 Clubbesucher befinden sich seither in Quarantäne.

Telefonischer Kontakt viel zu spät

D. hat am vergangenen Freitag von Freunden erfahren, dass auch er sich in Quarantäne begeben sollte. Daraufhin habe er seine Mailbox konsultiert und das Schreiben des Kantonsarztamts gefunden. Darin wurde ihm mitgeteilt, dass er für weitere Anweisungen noch kontaktiert werde.

Es verstrichen jedoch vier weitere Tage, ohne dass D. von den bernischen Contact Tracern etwas hörte. Am Dienstagmorgen riss sein Geduldsfaden und er rief selber in Bern an. «Ich wollte endlich mal wissen, was jetzt genau läuft», sagt D. leicht genervt. Denn seine Quarantäne sei schon bald wieder zu Ende.

Kein Einzelfall

D. ist kein Einzelfall: Dem «Regionaljournal Bern Freiburg Wallis» sind zwei weitere Personen bekannt, die nur per Zufall die offiziellen Informationen des Kantons erhalten haben.

Eine Person leerte am Freitag ein letztes Mal vor den Ferien ihre Mailbox und fand per Zufall das offizielle Schreiben des Kantons. Eine andere wurde durch den betroffenen Club per Kurznachricht über den Coronafall informiert. Die Corona Tracer des Kantons Bern meldeten sich erst Tage später bei den Betroffenen per Telefon.

48 Stunden reichen nicht mehr

Um beim Coronavirus die Ansteckungskette zu unterbrechen, spielt der Faktor Zeit eine zentrale Rolle. Je mehr Zeit verstreicht, umso mehr Kontakte hatte eine infizierte Person möglicherweise. «Wir schaffen es nicht mehr, alle betroffenen Personen in den ersten 48 Stunden telefonisch zu kontaktieren», gibt der Sprecher der bernischen Gesundheitsdirektion, Gundekar Giebel zu.

Das Contact Tracing laufe am Anschlag, denn die zu bearbeitenden Fälle hätten sich innerhalb einer Woche verdreifacht.

Jede zehnte Person nur schwer erreichbar

Der Fall des Berner Clubs «Kapitel» hat weitere Schwächen des Systems zutage gefördert. Laut Giebel ist jeder zehnte Fall auf der Kontaktliste des Clubs nur schwer zu erreichen. «Es macht den Anschein, dass gewisse Personen nur für den Ausgang eine Mobilfunknummer besitzen oder ihr E-Mail-Konto nur sporadisch abrufen.» Hinzu komme, dass nicht alle Personen einen Anruf entgegennehmen, wenn sie die Nummer nicht kennen.

«Wir gehen eigentlich davon aus, dass die Leute ihre E-Mails lesen», so der Sprecher der bernischen Gesundheitsdirektion.

Gemäss Gundekar Giebel sind aktuell 30 Leute im Contact Tracing Team des Kantons Bern im Einsatz. Sie werden unterstützt durch Mitarbeitende der Kantonspolizei Bern. Ein weiterer Ausbau ist geplant. Denn rund drei Mal so viele Contact Tracer wären nötig.

* Name der Redaktion bekannt.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr ; 

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