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Der Bilder-Erfinder Oskar Weiss: «Hinter schwungvollen Linien steckt viel Arbeit»

Seit rund 50 Jahren arbeitet Oskar Weiss als Zeichner, Maler und Illustrator. Bildererfinder nennt er sich selber. 2019 kam ein dokumentarischer Film von Miriam Ernst über sein vielseitiges Schaffen heraus. Wir haben den 75-Jährigen in seinem Atelier in Muri bei Bern zum Gespräch getroffen.

Oskar Weiss

Illustrator und Maler

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Weiss hat Jahrgang 1944 und ist gelernter Grafiker. Er wohnt in Muri bei Bern.

Er zeichnete für die Weltwoche, die Neue Zürcher Zeitung, den Nebelspalter und die Berner Zeitung. Er schuf Wandmalereien, stellt in verschiedenen Galerien aus und ist Autor von Büchern für Erwachsene und Kinder.

Besonders bekannt sind etwa seine Cocolino-Kochbücher, die er zusammen mit Spitzenkoch Oskar Marti kreierte, seine Illustrationen von Mani Matter-Liedern oder von Peter Rebers Hippigschpängschtli.

SRF News: Eines Ihrer frühen Werke war ein «Herbarium curiosum der Heilpflanzen». Wie gingen Sie da vor?

Oskar Weiss: Ich war nie sehr wissenschaftlich interessiert. Aber ich brauche die Natur als Sprungbrett für meine Phantasie. Ich erfinde gerne Bestehendes neu, aus diesem Grund nenne ich mich auch Bildererfinder. So habe ich zum Beispiel die Brennessel und die Nieswurzel einfach neu interpretiert.

Später erfand ich dann Pflanzen, im Buch «Protzknolle & Co.» Da habe ich unschöne Eigenschaften von Menschen dargestellt, indem ich ihnen Pflanzen zugeordnet habe. So entstanden etwa der Geizwurz, die Sadistel oder die Kriminelke.

Sind Sie mit Humor aufgewachsen oder haben Sie ihn sich angeeignet?

Er wurde mir wohl in die Wiege gelegt. Ich schrieb schon früh lustige Gedichte, welche mir selber Freude bereiteten. Und wenn dann auch die Eltern lachten, umso besser. Später mit den Liedern und den Bildern kam es ebenso: Ich mache es gerne für mich, aber auch, um andern eine Freude zu bereiten. Oder sonst etwas auszulösen.

Ich mag Humor, der aus dem Moment entsteht.

Im Humor steckt die Wirklichkeit. Man nimmt Bestehendes und interpretiert es auf überraschende Weise neu, kombiniert zwei Dinge, die nicht zusammen passen, aber etwas auf den Punkt bringen. Ein Witzeerzähler bin ich nicht, ich mag den Humor, der im Moment entsteht.

Sie arbeiten seit rund 50 Jahren als Maler und Zeichner – gibt es bei Ihnen noch die Angst vor dem leeren Blatt?

Ja, wobei ich nicht weiss, ob das leere Blatt mehr Angst vor mir hat als ich vor ihm. Die Frage nach dem «wie anfangen» stellt sich bei allen kreativen Leuten. Der Anfang ist manchmal auch mit ungeduldig werden verbunden, wenn es dauert, bis eine gute Idee kommt.

Ich weiss nicht, ob das leere Blatt mehr Angst vor mir hat als ich vor ihm.

Ein weisses Blatt ist allerdings auch eine Chance, da ist noch nichts «vercheibet». Ich brauche viele leere Blätter und fülle sie mit Ideen.

Haben Sie beim Zeichnen Musik im Kopf? Sie arbeiten ja viel mit geschwungenen Linien.

Ich höre gerne ganz verschiedene Musik, aber so direkt hängt das nicht mit meinem Zeichnen zusammen. Manchmal kommt das Schwungvolle, Beseelte der Linien von selber, manchmal muss ich mir grosse Mühe geben. Die Herausforderung ist, dass es locker und schwungvoll aussieht, obwohl dahinter viel Arbeit steckt.

Die Leute finden manchmal, das sehe alles so «aus dem Ärmel geschüttelt» aus. Aber der Ärmel ist manchmal zugenäht, so einfach ist das nicht.

Pflegen Sie das Kind in sich als Quelle der Kreativität?

Das muss ich nicht pflegen, das ist ohnehin da. Ich bin manchmal ein Clown, manchmal melancholisch – was etwas Wunderbares ist –, dann auch wieder gerne unbeschwert. Unbeschwertheit ist eine Eigenschaft, die ich wunderbar finde. Man kann sie leider nicht immer erreichen.

Das Gespräch führte Elisa Häni.

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